Graomessungen (Längengradmesfungen). 183
ununterbrochenesDreiecknetz von derWolga
und dem Kaspischen Meer bis zum Atlan
tischen Ozean reicht. Unter den vielerlei
Resultaten, die sich aus diesen Messungen
ergeben haben, ist das besonders interessant,
daß die durch sie verbundenen Meeresteile,
das Schwarze Meer, die Ostsee und das
Eismeer, in demselben Niveau stehen, d. h.
der Oberfläche desselben Ellipsoids ange
hören. Durch den Anschluß an die öster
reichische Triangulation hat sich heraus
gestellt, daß auch das Adriatische Meer
dasselbe Niveau hat.
13) Außer dieser großen Gradmessung
sind noch einige kleinere, aber mit beson
derer Sorgfalt ausgeführte Breitengrad
messungen zu erwähnen. Erfind dies
die von Gauß in Hannover zwischen Göt
tingen und Altona 1821 — 24 und die
ungefähr gleichzeitig von Schumacher
zwischen Läuenburg und Lyssabel ausge
führte, von denen die erstere 2° 0' 57,4",
die letztere 1° 31' 53,3" umfaßt, sowie die
in den 30er Jahren von Bessel in Ver
bindung mit dem Major (spätern General)
Bäyer in Ostpreußen zwischen Trunz
und Memel vorgenommene, hie einen
Bogen von 1° 30' 29". umfaßt. An sie
schloß sich nachher die Küstenvermessung
in der Ostsee durch Bäyer.
Längengravmcsiungcn.
14) Wenn die Erdoberfläche ein Ellip-
soid ist, welches man sich durch Umdrehung
einer Ellipse mit der halben Hauptachse a
und der Exzentrizität 6 um die Nebenachse
erzeugt denken kann, so hat der Parallel
kreis von der Breite cp den Radius
a cos cp
\/1 — e a sin a <p
(vgl. Ellipse). Hat man nun in verschie
denen Breiten Parallelkreisbogen gemes
sen, und sind die Längenunterschiede ihrer
Endpunkte bekannt, so daß man weiß, wie
viel Grad ein jeder umfaßt, so kann man
ihre Radien finden (vgl. Kreis), und wenn
man jeden gleich einem Ausdruck von
der obigen Form setzt, in welchem be
kannt ist, so erhält man zwei Gleichungen,
aus denen sich die Größen a und e be
rechnen lassen. Auch eine einzelne derartige
Messung kann in Verbindung mit einer
Breitengradmessung zu diesem Zweck be
nutzt werden, und ebenso läßt sich bei einer
solchen Messung prüfen, ob die einzelnen
Grade auf demselben Parallel gleiche Größe
haben, wie es sein muß, wenn die Erd
oberfläche wirklich die Gestalt eines Rota
tionsellipsoids besitzt.
Solche Messungen von Längengraden
sind nun früher nicht vorgenommen wor
den, weil man kein Mittel zur genauen
Bestimmung des Unterschieds der geo
graphischen Länge zweier Orte besaß. Die
erste dieser Messungen ist die 1733 und
1734 von Cassini de Thury und Ma
ral di auf dem Parallel von Paris
ausgeführte, auf welche Messungen auf
den Parallelen von Straßbnrg und Brest
folgten. 1740 maßen ferner C a s s i n i d e
Thury und Lacaille einen Bogen von
1" 53' 9" zwischen St. Claire bei Cette
und dem Mont St. Victoire bei Air. Bei
diesen Messungen wurden die Längendiffe
renzen durch Pulversignale bestimmt. Die
Ergebnisse waren indessen ungenügend,
und dies gilt auch von den in Ostindien
von Burrow unter 23° 18' nördl. Br.
und von Lambton unter 12° 32' 30"
unternommenen Längengradmessungen.
15) Die erste derartige Arbeit von wis
senschaftlichem Wert ist die 1811 in Frank
reich unternommene. Gleich nach Voll
endung der großen Meridiangradmessung
wurde der eben von Formentera zurück
gekehrte Biot mit Mathieu nach ver- *
schiedenen Punkten des Parallcls von 45°
geschickt, um durch Pendelbeobachtungen
die Intensität der Schwere zu bestimmen.
Es ergaben sich dabei so große Verschieden
heiten, daß dieselben unmöglich den Beob-
achtungssehlern beigemessen werden durf
ten; vielmehr sah man sich zu der Annahme
genötigt, daß hier Abweichungen der Erde
von der regelmäßigen Gestalt vorliegen,
und um diese näher zu bestimmen, wurde
auf Laplaces Vorschlag die Messung eines
Bogens auf dem 45. Parallel von Bor
deaux im W. bis Fiume im O. beschlos
sen. Die westliche Sektion, zwischen Bor
deaux und Genf, ward 1811 vom Obersten
Brousseau in Angriff genommen, die
östliche, von Genf bis Fiume, wurde dem
Obersten Henry übertragen. Die kriege-