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Vibrationen.
zwei verschiedene Orte des Mondmittel
punkts, die um diese Punkte beschriebenen
kleinen Kreise mögen den in der Ebene der
Fig. i.
Bahn gelegenen Querschnitt des Mondes
darstellen, die Drehungsachse endlich hat
man sich durch H, beziehentlich N senkrecht
zur Papierebene zu denken. Befindet sich
nun der Mondmittelpunkt inH, so erblickt
ein Beobachter in E offenbar den Punkt A
in der Mitte der Mondscheibe. Wir wollen
jetzt annehmen, der Mond sei in der von
dem größern Pfeil angedeuteten Richtung
von M nach N gegangen; dann wird B'
in der Mitte der Mondscheibe stehen. Hätte
sich nun der Mond inzwischen nicht um
seine Ackse gedreht, so würde der Punkt
B' derselbe sein, den der Beobachter E erst
bei B, rechts, d. h. westlich von A, sah, und
Punkt A' in der Zwischenzeit dahin ge
rückt sein, wo in der Figur B' steht; der
Beobachter in E erblickt also in der That
immer denselben Punkt in der Mitte der
Mondscheibe. Aber in Wirklichkeit ist keine
oer beiden Voraussetzungen, von denen die
vorstehende Betrachtung ausging, genau
richtig. Zuerst ist die Bewegung des
Mondes in seiner Bahn keine ganz gleich
förmige, einesteils weil derselbe sich nicht
in einem Kreise, sondern nach den Kepler-
schen Gesetzen in einer Ellipse um die Erde
bewegt, andernteils wegen der verschiede
nen Störungen, welche die Mondbewegung
durch den Einfluß andrer Himmelskörper
erleidet. Dies hat nun die Wirkung, daß
für einen Beobachter in E nickt immer
genau derselbe Punkt in der Mitte der
Mondscheibe erscheint, sondern manchmal
ein weiter östlich, manchmal wieder ein
weiter westlich gelegener. Im ersten Fall
wird auf der Ostserte, im letzten auf der
Westseite ein Stück der vorher unsicht
baren Seite des Mondes sichtbar. Dies
ist die L ibration in Länge, welche im
äußersten Fall 7° 35' auf jeder Seite be
tragen kann.
Aber auch unsre zweite Voraussetzung,
daß nämlich die Rotationsachse des Mon
des auf der Bahnebene senkrecht steht, ist
nicht genau erfüllt, vielmehr weicht die
Achse um etwa 6*,*° von dieser senkrechten
Lage ab, bleibt aber immer ihrer ursprüng
lichen Lage parallel. Damit man die Wir
kung dieser Abweichung besser beurteilen
der Punkt A würde ihm jetzt bei A' östlich
vom Mittelpunkt der Mondscheibe erschei
nen, wobei HB parallel zrr NB', NA'
parallel zu HA' vorausgesetzt ist. Wenn
aber der Mond, während er. von E aus
gesehen, um den Winkel MEN in seiner
Bahn fortrückt, sich auch gleichzeitig in
der Richtung des kleinen Pfeils um seine
Achse dreht und zwar um den gleichgroßen
Winkel AMB oder A'NB', so wird der
kann, möge in Fig. 2 N8 die Drehungs
achse des Mondes, E der Erdmittelpunkt,
M der Mondmittelpunkt sein. Von E aus
sind noch Berührungslinien an den Kreis
gelegt, welcher den Mondumfang darstellt,
welche die Grenze zwischen der von E aus
sichtbaren und der unsichrbaren Seite des
Mondes angeben; die letztere Seite ist in der
Figur schraffiert. Hat nun der Mond die
Stellung I, so sieht man, daß der Nordpol