Full text: Lexikon der Astronomie

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Meteorite. 
erst in unsrer Atmosphäre bilden, son 
dern aus dem allgemeinen Weltraum zu 
uns gelangen, wo es außer den größern 
Weltkörpern auch kleinere Anhäufungen 
von Materie gibt, die bei hinlänglicher 
Annäherung zur Erde niederfallen müssen. 
Anfangs fand Chladnis Lehre von dem 
kosmischen Ursprung der M. wenig Bei 
fall bei den Gelehrten; meinte doch der 
geistreiche Göttinger Physiker Lichten 
berg, es sei ihm nach Durchlesung der 
Chladnischen Schrift gewesen, als sei ihm 
selbst ein Stein auf den Kopf gefallen. 
Endlich aber machte der Meteorsteinfall 
von Aigle im französischen Departement 
de l'Orne den Zweifeln em Ende. Am 26. 
April 1803 beobachtete man nachmittags 
2 Uhr bei ganz heiterm Himmel eine große 
Feuerkugel, die sich von SO. nach NW. 
bewegte. Einige Augenblicke später hörte 
man bei Aigle in einem kleine», dunkeln, 
fast unbeweglichen Wölkchen eine 5—6 
Minuten dauernde Reihe von Explosio 
nen, welcher drei oder vier Schläge wie 
Kanonenschüsse und ein Getöse wie von 
Kleingewehrfeuer und vielen Trommeln 
folgten. Bei jeder Explosion entfernten 
sich einige von den Dämpfen, aus denen 
die Wolke bestand. Zugleich fielen auf 
einer elliptischen Fläche, deren große Achse 
sich in einer Ausdehnung von 1V& Meile 
von SO. nach NW. erstreckte, und deren 
Breite l U Meile betrug, eine Menge 
Steine nieder, deren größter 17'/r Pfd. 
wog; sie waren heiß, aber nicht glühend. 
Der Physiker B iot, welcher mit der Unter 
suchung dieses Steinregens beauftragt 
wurde, konstatierte die Richtigkeit der That 
sache und den Zusammenhang des Stein- 
falls mit einer Feuerkugel. Damit war 
der richtigen Erkenntnis die Bahn gebro 
chen, und wenn auch noch einzelne den 
Ursprung der M. in den Vulkanen des 
Mondes suchten, so trug doch die Chladni- 
sche Lehre schließlich den Sieg davon. 
Gegenwärtig betrachten wir die M. als 
selbständige Weltkörper, die mit planetari 
schen Geschwindigkeiten (4, 5 und mehr 
Meilen in der Sekunde) in parabolischen 
oder lang gestreckten elliptischen Bahnen 
durch den Raum ziehen. Kommen sie in 
die obern Schichten der Atmosphäre, so ver 
dichten sie wegen der großen Geschwindig 
keit ihres Flugö die Luft auf ihrer Vor 
derseite, werden dadurch auf der Ober 
fläche stark erhitzt und geraten ins Glühen, 
so daß sie nun als Feuermeteorite sicht 
bar werden. Hinter ihnen aber stürzt mit 
Heftigkeit die Luft in den luftverdünnten 
Raum, den sie dort in ihrem Flug hervor 
gebracht hatten. Hierdurch und durch das 
Zerspringen der Masse, verursacht durch 
die plötzliche Erhitzung an der Oberfläche, 
die nicht Zeit hat, in das Innere zu drin 
gen, erklären sich wohl die heftigen Deto 
nationen, die den Niederfall der M. beglei 
ten. Nur verhältnismäßig wenige M. 
fallen zur Erde, noch weniger werden auf 
gefunden; viele setzen, nachdem sie durch 
die obern Schichten unsrer Atmosphäre 
gezogen, ihren Weg durch das Weltall fort; 
manche kleinere werden wahrscheinlich 
durch die starke Erhitzung vollständig 
zerstört. Die niederfallenden Massen 
sind meist heiß, wenn sie auf dem Bo 
den ankommen, und tragen das Zeugnis 
einer starken oberflächlichen Erhitzung in 
einer dunkeln, glatten, dünnen Schmelz 
rinde. Indessen ist diese Kruste, wie neuere 
Untersuchungen andeuten, nicht in allen 
Fällen ein Resultat der Schmelzung, und 
jedenfalls spielen auch die Gase, welche in 
mehreren Meteoriten nachgewiesen worden 
sind, eine wesentlicheRolle bei derExplosion. 
In einzelnen Fällen ist das Niederfallen 
von Meteorsteinen beobachtet worden, ohne 
daß man vorher eine Feuerkugel oder ein 
Gewölk bemerkt hat; aber immer hörte 
man ein heftiges Getöse, so 16. Sept.1843 
bei Kleinwenden unweit Mühlhausen und 
7. Okt. 1862 mittags in der Nähe von 
Meno im Mecklenburgischen. 
Häufiger werden sie aus einem plötzlich 
sich bildenden Gewölk ohne Lichterschei 
nung geschleudert, am gewöhnlichsten aber 
beobachtet man vor dem Fall eine Feuer 
kugel. 
Meist sind es nur wenige Steine, die 
gleichzeitig niederfallen und die sich mit 
mehr oder weniger Deutlichkeit als Bruch 
stücke einer einzigen Masse kennzeichnen. 
In seltenern Fällen scheint auch nur ein 
einziger Stein herabgefallen zu sein, wie 
bei Krähenberg in der bayrischen Pfalz
	        
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