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Parallaxe (der Fixsterne).
nicht genauer kannte, um die Sonne
läuft, so muß ein Fixstern, der uns näher
steht, während eines Umlaufs der Erde,
also im Lauf eines Jahrs, auf dem von
den entferntern Fixsternen gebildeten
Hintergrund eine scheinbare Bahn be
schreiben. die in Wirklichkeit ein verklei
nertes Abbild der Erdbahn ist. Um dies
zu erläutern, bedeute in Fig. 7 © die
F'g. 7.
Sonne, 8 den Fixstern und EFGr .. bie
Erdbahn, die wir uns als einen auf der
Ebene des Papiers senkrecht stehenden
Kreis denken wollen; endlich soll der über
E Gl errichtete Kreisbogen daö Himmelsge
wölbe andeuten, auf dem uns die Sterne
erscheinen. Steht nun die Erde in E, so
wird der Stern uns in E' erscheinen,
und bei den Stellungen E, Gr rc. der Erde
werden wir den Stern an den Orten Eh
0' rc. sehen. Die Bewegung des Sterns
wird daher beständig parallel der Be
wegung der Erde, aber in gerade
entgegengesetzter Richtung von
statten gehen, und im Lauf eines Jahrs
wird der Stern scheinbar eine geschlossene
Bahn beschreiben, welche ein Abbild der
Erdbahn ist. Je weiter der Stern von
uns entfernt ist, desto kleiner wird diese
Bahn sein.
Diese ganz scheinbare Ortöveränderung
der Fixsterne nennt man ihre p a r a l l a k -
tische Bewegung, und unter P. eines
Fixsterns versteht man den Winkel am
Fixstern, den die beiden nach Sonne und
Erde gezogenen Linien miteinander ein
schließen, vorausgesetzt, daß die letztere
Linie auf dem Halbmesser der Erdbahn
rechtwinkelig steht. Dieser Winkel ist na
türlich ein Ergebnis der Rechnung, denn
die Beobachtung kann nur den Winkel bei
8 in dem Dreieck E 80 geben, in welchem
im allgemeinen weder bei E noch bei Gr
rechte Winkel auftreten.
Nach dem, was früher, S. 374, ge
sagt worden, wird diese P. eine Bogen
sekunde betragen, wenn der Abstand des
Sterns von uns 206,265mal so groß ist
als die Entfernung der Sonne; es ist dies
ein Weg, zu dessen Durchlaufung das
Licht einen Zeitraum von 3V« Jahren
nötig hat, obwohl es sich mit der unge
heuern Geschwindigkeit von etwa 300,000
km in der Sekunde fortpflanzt. Die Beob
achtungen dieses Jahrhunderts haben uns
nun gezeigt, daß kein Stern, soviel uns
bekannt, eine P. von 1" besitzt, sondern
daß alle bekannten Firsternparallaren
kleiner als dieser Wert, daß also die Ent
fernungen auch der nächsten Fixsterne noch
größer sind als die angeführte Strecke.
Kein Wunder daher, daß man in frühern
Jahrhunderten bei geringerer Vollkom
menheit der Instrumente und Beobach
tungsmethoden keine P. eines Fixsterns
nachzuweisen vermochte.
Daß der Nachweis einer jährlichen P.
der Fixsterne ein direkter Beweis für die
Bewegung der Erde um die Sonne fein
würde, erkannte Kop erni ku s ganz klar,
und da die Beobachtungen eine solche nicht
erkennen ließen, so schloß er, daß sie zu
klein sei, um mit den damaligen Instru
menten wahrnehmbar zu sein. Den Geg
nern seines Systems aber wurde in die
sem negativen Ergebnis der Beobachtun
gen ein fornreller Grund zu ihrem Wider
stand gegen die Lehre von der Bewegung
der Erde um die Sonne gegeben. Tycho
Brahe, der die Kunst der astronomischen
Beobachtung zur höchsten Höhe erhob, die
sie überhaupt vor Erfindung des Fern
rohrs erreichte, und den wahrscheinlichen
Fehler einer Winkelmessung, der vor ihm
10 Bogenminuten betragen hatte, auf 1