Dämmerung.
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größer sein als 18°, wenn die Morgen-
und Abenddämmerung getrennt auftreten
sollen, oder ck -s- ,/> muß weniger als
90°—18° = 72° betragen. Sobald also
die Deklination der Sonne größer wird
als 72°—(f, dauert die D. die ganze
Nacht hindurch. Für die geographische
Breite von 50° findet dies ungefähr in der
Zeit vom 1. Juni bis 12. Juli statt, für
60° Breite in der Zeit vom 21. April bis
21. Aug., für 72° Breite in der Zeit vom
Frühlings- bis zum Herbstäquinoktium.
Für Gegenden, die weiter nach dem Pol
hin liegen, ist dieser Zeitraum noch größer.
6) Von Interesse ist es, zu erfahren,
wann an einem bestimmten Orte die D.
am kürzesten ist, und wie lange sie als
dann dauert. Diese Frage bot früher
der mathematischen Behandlung manche
Schwierigkeit, und dadurch ist das Pro
blem der kürzesten D. in der Geschichte
der Astronomie zu einer gewissen Berühmt
heit gelangt. Versteht man unter der Dauer
derD. die Zeit, während welcher der Son
nenmittelpunkt von 0 bis 18° unter den
Horizont hinabsteigt oder umgekehrt von
18° unterm Horizont bis an den Horizont
emporsteigt, so ist die Dauer r der kür
zesten D. durch die Gleichung gegeben
. 1 siu 9" 0,1564
sm-s-r^ — —; (5)
2 COS <p COS (p 1 v '
dieselbe findet statt bei einer Deklination ck
der Sonne, welche aus der Gleichung
SinS——tun9°- 81NP — — 0,1584 -Mn p (6)
gefunden wird. Für die Polhöhe (f — 42°
findet man z. B.
. 1 0,1564
0,7431
■ 0,2105,
also jt — 12° 29', r —24° 58',
oder in Zeit ausgedrückt
t = 1 Std. 39,9 Min.
Für die Deklination der Sonne zu dieser
Zeit ergibt sich aus (6)
sin 4 — — 0,1584 - 0,6691 — — 0,1060,
mithin 4 — — 6° 5'.
Diese Deklination hat die Sonne um
die Zeit des 4. März und 7. Sept.
7) Wenn in der Formel (5) 008 <p oder,
was dasselbe ist, 8m (90—<p) kleiner ist
als sin 9“, also 90°—y kleiner als 9° und
demnach (p größer als 81°,
so wird die rechte Seite der Gleichung größer
als die Einheit, und da cs keinen Sinus
gibt, der einen solchen Wert hat, so läßt
sich r nicht angeben, es gibt keine kürzeste
D. mehr im obigen Sinn. Betrachtet man
zunächst den Grenzfall, daß die Polhöhe
(p — 81° sei, so ergibt sich hier sin ~ r = 1,
also t = 180°, d. h. 12 Stunden; die
Abenddämmerung und ebenso die Morgen
dämmerung dauert also 12 St. Wie dies
zugeht, erkennt man, wenn man aus For
mel (6) die Dekination 8 berechnet. Mau
findet dabei ck — — 9°. Da nun die Äqua
torhöhe 90° — 81° = 9° beträgt, so sieht
man, daß die Sonne während der ganzen
24 St. des Tags unterm Horizont steht
und nur mittags den Horizont im S.
berührt. Um Mitternacht aber erreicht sie
ihren tiefsten Stand von 90° 9° — 81°
= 18° unterm Horizont. Bei höherm Son
nenstand kommt die Sonne im S. über
den Horizont empor, geht aber dafür im
N. nicht 18° unter denselben hinab: die D.
dauert die ganze Nacht hindurch. Bei
noch tieferm Stande der Sonne dagegen
sinkt diese allerdings im N. tiefer als 18°
unter den Horizont, die D. beginnt früh
morgens und hört abends auf; aber mit
tags kommt die Sonne im S. nicht über
den Horizont herauf, Morgen- und Abend-
dännnerung gehen mittags ineinander
über, und diese D. tritt für die Bewohner
dieser Gegenden an Stelle der Tageöhelle.
8) Bei der nun folgenden Betrachtung
der Dämmerungserscheinungen in Breiten
von mehr als 81° wird es zum bessern
Verständnis förderlich sein, sich der im
Art. Höhe bezüglich der obern und un
tern Kulmination eines Sterns aufge
führten Sätze zu eriunern. In nördlichen
Gegenden mit einer Polhöhe von mehr als
81° sinkt die Sonne zu der Zeit, wenn
sie überhaupt auf-und untergeht, nie 18°
unter den Horizont, die D. dauert also
die ganze Nacht hindurch. Hört aber die
Sonne auf. über den Horizont heraufzu
kommen, also am Anfang der immerwäh
renden Nacht, so tritt zuerst eine Zeit der
beständigen D. ein, während welcher die
Sonne in geringerer Tiefe als 18° unter
dem Horizont steht. Solche ununterbro