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Zur zweiten Auflage.
matisch genommen vollkommenere Weg historisch der spätere;
und wenn die historischen Vorstufen dazu so meisterliche Schöpfun
gen, wenn sie Bestandtheile der Wissenschaft von so unvergäng
lichem Werthe sind, wie die von Poncelet, Möbius, Steiner
und Chasles, so soll man, denkeich, zweimal überlegen, ehe man
sie für antiquirt erklärt. Die Wurftheorie v. Staudt’s kann nur
sehr gereiften Zuhörern geboten werden, und ohne die an die
Elemente so vortrefflich anschliessenden Doppelverhältnisse ist
man des bequemen Zugangs zu einer Fülle von wichtigen und an
ziehenden Resultaten beraubt. Aber auch selbst bei einfacheren
Entwickelungen im Einzelnen gilt das Gleiche; die gemischte
Methode hat mir z. B. (vergl. §§ 160., 168.) von jeher gestattet,
die Reciprocität der ineinanderliegenden Gebilde in einem ge
wissen Grade abschliessend und doch sehr kurz zu behandeln, die
bekanntlich bis zu einer neuerenPublication von Sehr öter überall
nicht erledigt war; die knapp gemessene Zeit der Vorlesung, in
welche diese Untersuchung wesentlich gehört, würde mir aber nicht
erlauben, die schönen Entwickelungen Schröters über die Frage
vollständig mitzutheilen.
Ferner und natürlich ohne Bezug auf das ebenerwähnte Bei
spiel: Es ist ein Anderes, dass man bei grundlegenden Unter
suchungen die allgemeinsten und unanfechtbarsten Mittel als
■ massgebend im Auge behält, und ein Anderes, dass man sie dem
Lernenden schon vorher im vollen Umfange überliefere. Ich
denke, in dieser Richtung mit der Entwickelung der projecti-
vischen Coordinaten ein Beispiel gegeben zu haben, indem ich zu
ihrer Begründung mich nur solcher Operationen bediente, die
auch in dem die imaginären Elemente einschliessenden allge
meinen Sinn der Wurftheorie v. Staudt’s ganz unverändert
bleiben, ohne aber irgendwo zu fordern, dass dieselben sofort
in diesem allgemeinsten Sinne aufgefasst werden. Wohin kämen
wir, wenn wir die Wissenschaft mit solcher Gründlichkeit an
fangen und wenn wir sie demgemäss nicht eher anfangen wollten,
als bis solche Gründlichkeit von den Lernenden gewürdigt und
verlangt werden könnte! Eine gewisse Fülle der Resultate und
dci zu bewältigenden Probleme ist ein Anreiz zur Betreibung
der Wissenschaft, den kein Lehrer geringschätzen darf.
Und die Vereinigung der analytischen und der geometrisch
construiereuden Methode ist nicht blos deshalb, weil sie am
raschesten zu Resultaten führt, pädagogisch hoch zu schätzen,