Full text: Lehrbuch der Perspective für bildende Künstler (Text)

300 
Eine nächste Folgerung aus dieser Voraussetzung ist, daß auch 
der Schatten, welchen ein Körper durch den Raum wirft, sein Schlag 
schatten, sich in gerader Richtung fortpflanzt, da seine Grenzen durch 
geradlinige Lichtstrahlen gebildet werden. Es muß demnach, wenn 
man das Licht als von einem Punkte ausgehend annimmt, 
der Schlagschatten eines körperlichen Punktes, etwa einer Kegelspitze, 
eine unendlich lange gerade Linie sein; es muß der Schlagschatten 
einer mit allen ihren Punkten dem Lichte ausgesetzten körperlichen 
geraden Linie, etwa einer Würfelkante, eine Ebene sein; es muß 
ferner der Schlagschatten einer etwa viereckigen Scheibe oder eines 
Würfels eine unendlich lange abgekürzte Pyramide, und der Schlag 
schatten einer runden Scheibe oder einer Kugel einen unendlich langen 
abgekürzten Kegel bilden, u. s. w. 
Wie nun die durch den Raum an dem Auge vorübergehenden 8. 386. 
Lichtstrahlen an sich nicht sichtbar, dies vielmehr erst dann sind, wenn 
sie, auf einen Körper treffend, von diesem in das Auge reflectirt 
werden, so ist auch der Schlagschatten im Raume an sich selbst nicht 
— da er überhaupt nichts Positives ist, vielmehr nur die Abwesen 
heit des Lichtes bedeutet — sondern nur dann wahrnehmbar, wenn 
er von einem Körper theilweise aufgefangen wird, und zwar erkennt 
das Auge in diesem Falle ihn und seine Grenzen an dem Ausblei 
ben der Reflexion an den durch den Schatten verursachenden Körper 
der Erleuchtung beraubten Theilen des den Schatten auffangenden 
Körpers. 
Fängt man die Schlagschatten der oben angeführten Objecte 8. 387. 
auf einer Fläche auf, so bilden sie hierauf Figuren, welche der Ge 
stalt der Schatten werfenden Körper in der Weise entsprechen, daß, 
wenn an die Stelle des Lichtes das Auge träte, die Grenzen der 
aufgefangenen Schlagschatten mit den dann sichtbaren Grenzen der 
Körper zusammenfallend erscheinen würden. Da die unter dieser 
Annahme sichtbaren Grenzen der Körper an diesen selbst auch die 
wirklichen Grenzen zwischen deren beleuchteten und nicht beleuchteten 
Theilen, also die Schattengrenzen sein müssen, so sind die Schlag 
schattengrenzen insbesondere als die Schlagschatten der 
Schattengrenzen an den Körpern selbst anzusehen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.