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Farben verschiedene, wenn auch nahe bei einander liegende Brenn
punkte, und zwar liegt der Brennpunkt für die weniger brechbaren
rothen Strahlen entfernter als der für die violetten Strahlen. Das
von einer gewöhnlichen Linse erzeugte und auf einem weißen Schirme
aufgefangene Bild der Sonne ist deshalb in der Mitte weiß, aber
mit einem farbigen Rande versehen.
Um diesem die Reinheit und Schärfe der von einer Linse er
zeugten Bilder störenden Umstande einigermaßen abzuhelfen, pflegt
man in optischen Instrumenten eine biconvexe und eine convex-
concave Linse von Glasarten (Crownglas und Flintglas) zu com-
biniren, welche ungefähr gleiche brechende, aber verschiedene zer
streuende Kraft haben.
Unter brechender Kraft oder Brechungsvermögen ver
steht man die Fähigkeit eines Mittels, das Licht von der gerad
linigen Bahn abzulenken; unter zerstreuender Kraft oder Zer-
strenungsvermögen die Kraft eines Mittels, die das Licht bildenden
Farbenstrahlen unter einem größeren oder kleineren Winkel auszu
breiten. Solche zusammengesetzten, das Auftreten farbiger Ränder
an den durch sie erzeugten Bildern möglichst ausschließenden Linsen
nennt man achromatische Linsen. Fügt man zwei Prismen von
den genannten Glasarten zusammen und zwar so, daß ihre brechen
den Kanten entgegengesetzte Lage haben, so erfährt das durch ein
so combinirtes achromatisches Prisma gehende Licht zwar eine
Brechung, jedoch keine Farbenzerstreuung.
Die Vollkommenheit der Erscheinung des prismatischen Spec- §. 56.
trums kann man dadurch steigern, daß man das mittels eines Me
tallspiegels durch einen, etwa verticalen, Spalt in ein übrigens ver
finstertes Zimmer reflectirte Sonnenlicht durch ein dem Spalte
paralleles Prisma und eine hinter diesem aufgestellte achromatische
Linse von großer Brennweite gehen läßt und in einiger Entfernung
auf einem weißen Schirme auffängt. Das Spectrum auf dem
Schirme ist unter diesen Umständen sehr farbenrein und zeigt eine
große Menge zu seiner Längenausdehnung normaler, unregelmäßig
vertheilter feiner dunkler Streifen, die sogenannten Fraunhofer'-
schen Linien.
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