Full text: Lehrbuch der Perspective für bildende Künstler (Text)

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gesehen werden zu können, so kann es sichtbar gemacht werden, wenn 
man es, um zuvörderst das Netzhautbild größer werden zu lassen, 
dem Auge näher als in die richtige Sehweite bringt, und dann, um 
die nunmehr zu starke Divergenz der Strahlen (Z. 96) aufzuheben, 
zwischen Object und Auge eine Sammellinse (Lupe—Mikroskop) 
bringt. Es erscheint dann das Object in der richtigen Sehweite, 
vergrößert und deutlich. 
§• 105. Ein anderes wesentliches Erforderniß zum deutlichen Sehen ist, 
daß daß Netzhautbild nicht zu hell oder zu wenig hell sei. 
Daß bei zu geringer Helligkeit eines Objectes dasselbe die Netzhaut 
auch nur in geringem Grade reizen kann und dadurch die Deutlich 
keit der Wahrnehmung leiden muß, bedarf nach den oben über den 
Sehproceß gegebenen Erläuterungen keiner Erörterung. Wie groß 
übrigens die Empfindlichkeit der Netzhaut in dieser Beziehung ist, 
geht daraus hervor, daß ein gesundes Auge allenfalls im Sonnen 
lichte, aber auch in dem ungefähr 300000 mal schwächeren Lichte 
des Vollmondes zu lesen im Stande ist. 
Ist das von einem Objecte herrührende Licht zu hell, wie etwa 
das directe oder durch Spiegel reflectirte Licht der Sonne, oder 
elektrisches Licht, so überreizt, blendet es die Netzhaut, und trotz 
der stärksten Verengerung der Pupille ist dem Auge die Intensität 
und Menge des Lichtes zu unerträglich, als daß es die Gestalt und 
Beschaffenheit der Lichtquelle zu erkennen vermöchte; es ist vielmehr 
gezwungen sich abzuwenden. Die überreizte Netzhaut ist ans eine 
kurze Zeit unfähig, schwächere Lichteindrücke wahrzunehmen und em 
pfindet deshalb, wenn es auf mittelmäßig erleuchtete Objecte gerichtet 
wird, ohne von diesen bis zum Wiedereintreten ihres gewöhnlichen 
Zustandes etwas zu erkennen, das Bild eines dunklen Fleckes, welcher, 
verschiedene Färben nach einander annehmend, allmählich Heller wird 
(Nachbild). Wird das Auge jedoch nach der Blendung sogleich 
- geschlossen oder auf dunkle Objecte gerichtet, so bewahrt die Netzhaut 
den Eindruck eines hellen Scheines, der, ebenfalls die Farben wech 
selnd, sich allmählich verliert. 
Geblendet, jedoch schneller vorübergehend, wird das Auge schon, 
wenn es aus der Dunkelheit plötzlich auf nur mäßig hell erleuchtete 
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