Die Luftperspektive. B. Praxis.
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II. Bei mehrfarbigen schattierten Bildern hat man zu rechnen
a. mit einer dreifachen Abtönung und einer einfachen Aufhellung
in der Stärke von Licht und Schatten wie unter I und
b. mit einer dreifachen Umstimmung der Farbe, nämlich
1. mit der scheinbaren Umstimmung zufolge des Gesetzes von der
Luftperspektive.
2. mit der wirklichen Umstimmung zufolge des Gesetzes von der
Reflexion und
3. mit der scheinbaren Umstimmung zufolge des Gesetzes vom Kontrast.
Noch erübrigt, dieser Zusammenfassung hinzuzufügen, dass der Künstler bei
angenommener Sonnenbeleuchtung in erster Linie zu rechnen hat mit dem
Einflüsse, der zufolge der Gesetze von der Luftperspektive, bei an
genommener Kerzenbeleuchtung aber mit dem, der zufolge der Gesetze
von der Reflexion und der Gesetze vom Kontrast bemerkbar ist. Und
das ist es, was der Stimmung in Gemälden mit künstlicher Beleuchtung einen wesent
lich anderen Charakter verleiht, als ihn die Stimmung solcher aufweist, denen natürliche
Beleuchtung zu Grunde gelegt wurde.
B. Praxis.
Perspektivische Darstellungen nach den vorstehenden Regeln in Wirkung zu
setzen, ist eine ebenso unerlässliche, wie dankbare Aufgabe des Anfängers sowohl, wie
des ausübenden Künstlers. Darum ist der Perspektivjünger von Anfang an zu nötigen,
seiner Zeichnung auch dadurch den Schein des Räumlichen zu geben, dass er nahe
liegende Kanten stark und deutlich, fern liegende weniger stark und weniger deutlich
zeichnet, und dass er vorkommende Schattierungen im Vordergründe kräftig und be
stimmt, im Hintergründe weniger kräftig und weniger bestimmt zum Ausdrucke bringt.
An den beigegebenen Mustermotiven ist das, wo es thunlich war, beachtet
worden.