Vor-wort Z.-U.T ersten -A_-uflagre.
Centralprojektivische Bilder und Darstellungen perspektivischer Herkunft sind
an sich nicht verschieden. Das mag der Grund sein, dass Perspektive und Central
projektion noch immer als ein einziges Lehrfach gelten und bei unterrichtlicher Behand
lung beständig miteinander verquickt werden. So schreibt 1 ) Prof. Weishaupt—München:
„Durch die Annahme, als werden die abzubildenden Gegenstände nur mit
einem Auge betrachtet, aus welchem alle Sehstrahlen gleichsam wie Radien aus
dem Centrum eines Kreises sich kegelförmig ausbreiten und in solcher Weise
die projizierenden Schstrahlen den perspektivischen Entwurf auf der Di Idfläche
geben, erhielt auch die Perspektive den Namen Central-Pr oje kt ion,“ -)
und empfiehlt 8 ) Geheimer Regierungsrat Prof. Dr. G. Hauck—Berlin, Perspektive nur
wie folgt zu studieren:
,,1.) Definition des perspektivischen Bildes als Centralprojektion,
2. ) Erörterung der praktisch konstruktiven Herstellung der Centralprojektion
nach dem Grund- und Au friss-Verfahren (ohne Benutzung von Fluchtpunkten),
3. ) Nachweis der Existenz der Fluchtpunkte und Konstruktionsverfahren
mit Benutzung derselben,
4. ) Praktisches Konstruktionsverfahren unter kombinierter Anwendung von
2) und 3).“ 4 )
Dieser Dualismus hat das Ansehen der Perspektive wesentlich geschädigt und
ihr Studium gerade bei dem Künstler arg in Verruf gebracht. Ihn zu beseitigen, ist
die nächste Aufgabe der vorliegenden Arbeit.
Wie sehr eine Trennung der in Frage stehenden Gebiete Erfordernis ist, sei in
theoretischer, praktischer und pädagogischer Hinsicht durch die folgen
den drei Punkte flüchtig beleuchtet:
1. Die Konstruktions- oder Hilfslinien der Centralprojektion (die orthogonalen
Projektionen der centralprojizierenden Linien — der „Sehstrahlen“) sind geometrische,
diejenigen der Perspektive (die Verschwindenden) perspektivische Linien, d. h. jene
stellen Linien nach ihrer wahren, diese aber Linien nach ihrer scheinbaren
Richtung vor.
J ) Weishaupt, »Das Zeichnen nach dem wirklichen Gegenstände.« München 1S77. Seite 77 78.
2 ) Siehe auch Prof. Kleiber’s »Katechismus der angewandten Perspektive.« Leipzig 1892.
§ 28a, Anmerkung.
:i ) In einer Privatkorrespondenz vom Jahre 1S87, aus der die folgenden Zeilen mit Geneh
migung des Herrn Verfassers citiert werden.
4 ) Siehe auch zu 1): Kleiber, § 11 (Fig. 2),
zu 2): Kleiber, § 28a (Fig. 6),
zu 3): Kleiber, § 17 (Fig. 3) und § 27 (Fig. 5) und
zu 4): Kleiber, § 28b (Fig. fi).