Full text: Lehrbuch der Schattenkonstruktion und Beleuchtungskunde

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Kapitel XII. Artikel 91. 
erhält also eigentlich zwei Lichtstufen für den Punkt, die 
auf demselben Durchmesser der Normalkugel liegen, also 
durch gleiche Zahlen mit entgegengesetzten Vorzeichen 
ausgedrückt sind. In der That hat jeder Flächenpunkt 
zwei Lichtstufen, wenn die Fläche als papierdünne Schale 
gedacht wird, eine für die dem Licht zugewandte Seite, 
und eine für die Rückseite. So ist im Innern eines regel 
mässigen Dodekaeders eine Fläche — 3, wenn sie aussen 
+ 3 ist, und umgekehrt; nur ist sie als + 3 im Innern 
Schlagschatten, nicht Licht. Nimmt man als Beispiel 
einer gekrümmten Fläche etwa den Mantel eines ellipti 
schen einmanteligen Hyperboloids, wie es in Figur 103 b 
dargestellt ist, so muss zuvor ausgesprochen werden, ob 
die Lichtstufen für das Aeussere des Mantels oder für 
das Innere anzugeben sind. Die Lichtstufenlinien sind 
zwar durchaus dieselben für innen und aussen, aber im 
Innern ist — 3, was im Aeussern + 3, und umgekehrt; 
auch kann im Innern ein Schlagschatten neben dem Licht 
vorhanden sein, wo am Aeussern eine Körperschatten- 
liäche ununterbrochen sich ausdehnt, also die Schlag 
schattengrenze keine Bedeutung hat, und umgekehrt. In 
manchen Fällen bedarf es wohl der Aufmerksamkeit und 
Ueberlegung, ob die Berührungsebene an der Lichtseite 
der Kugel oder diejenige an der Schattenseite für die 
Lichtstufe eines Flächenpunktes massgebend ist; aber im 
allgemeinen ist die Entscheidung nicht schwer und un 
mittelbar mit Hilfe der Anschauung zu treffen. Ein Hilfs 
mittel in zweifelhaften Fällen ist das Schneiden der Ebene 
oder gekrümmten Fläche oder des Körpers durch die 
vertikale Ebene eines beliebigen Lichtstrahls; die ent 
stehende Schnittlinie zeigt sofort, welche Seite der Ebene 
oder welche Flächenteile dem Lichte zugewendet sind und 
welche nicht. 
91. Körper mit ebenen Grenzflächen. 
Die dem Schattieren ebenbegrenzter Körper zu Grunde 
liegende Aufgabe ist die Bestimmung der Lichtstufe einer 
durch ihre beiden Projektionen gegebenen ebenen Figur. 
Das in Figur 91 a durch seine beiden Projektionen 
dargestellte Fünfeck A B CD E sei eine Seitenfläche irgend 
eines Polyeders. Es ist die Lichtstufe seiner Ebene zu 
bestimmen, das heisst, es ist derjenige Punkt der Normal 
kugel zu suchen, der dieselbe Lichtstufe darbietet, indem 
eine in diesem Punkt an die Normalkugel gelegte Be 
rührungsebene mit der Ebene der gegebenen Figur gleich 
gerichtet ist. 
Die Neigung einer solchen Berührungsebene ist die 
selbe wie die der Tangente am vertikalstehenden Meridian 
durch den Berührungspunkt, und denkt man sich die 
Ebene mit gleichbleibender Neigung auf der Normalkugel 
gedreht, so beschreibt der Berührungspunkt einen horizon 
talen Kreis, dessen Höhenlage sich bestimmt aus dem 
Berührungspunkt einer Tangente am Umriss des Kugel 
aufrissbildes, welche dieselbe Neigungjiat wie die Ebene 
der gegebenen Figur. Die Gefällslinien aller Lagen der 
gedrehten Ebene bilden eine Kegelfläche, welche die Kugel 
längs des Kreises berührt und deren Spitze in der verti 
kalen Kugelachse liegt. Diejenige Mantellinie dieser Kegel 
fläche, welche der Gefällslinie der gegebenen Ebene parallel 
ist, geht durch den gesuchten Kugelpunkt. Es ist also 
dyese Gefällslinie nach Neigung und Richtung aufzusuchen. 
Man zieht in der Vertikalprojektion der gegebenen 
flgur eine beliebige Horizontale x‘ y‘, lotet die Punkte 
x‘ y' in den Grundriss nach ^ undjy, fällt aus d eine Senk 
rechte auf xy und lotet deren Fusspunkt z wieder hinauf 
in den Aufriss; D Z ist eine Gefällslinie oder Linie_ der 
grössten Neigung in der Ebene der gegebenen Figur. 
Von d' fällt man noch das Lot d‘ v‘ auf x'y'. Im Dreieck 
spq, das die Umklappung des Dreiecks DVZ darstellt, 
ist pq horizontal und = dz, sp vertikal und = d' v‘; sq 
ist also die Umklappung der Gefällslinie in die Vertikal 
ebene. Man zieht an den Aufriss der Normalkugel 
(Figur 91 b rechts) eine Tangente f‘g‘ parallel zu .y y, zeichnet 
den Horizontalkreis k‘ g‘ durch den Berührungspunkt g‘ 
und zieht aus f‘ eine Parallele f‘ l‘ zu d'z‘. Wo diese 
Parallele den Horizontalkreis k‘ g‘ schneidet', liegt der 
gesuchte Kugelpunkt der mit der Ebene der gegebenen 
Figur gleiche Lichtstufe hat. 
Im Grundplan der Normalkugel (Figur 91 b links) würdG 
der Lichtstufenpunkt unabhängig von jener Kegelfläche 
durch folgende Betrachtung gefunden. Man zeichnet als 
ersten geometrischen Ort des Punktes den Parallelkreis 
k‘ g' im Grundriss als konzentrischen Kreis mit dem Radius 
kg = k‘ g‘. Eine Horizontallinie durch den Berührungs 
punkt von Kugel und Ebene auf dieser letzten gezogen 
gedacht, ist Tangente an diesem Kreis. Für weitere Be 
rührungsebenen mit gleicher Horizontalrichtung, aber an 
deren Neigungen, würden andere Parallelkreise erscheinen; 
doch wären die Richtungen der Tangenten an diesen 
Kreisen dieselben; die Berührungspunkte würden im Grund 
riss alle auf demselben Radius kn und im Raum auf einem 
vertikalen Grosskreis liegen, der 'sich in diesen Radius 
projiziert. Hienach ist für alle Ebenen gleicher Horizontal 
richtung der geometrische Ort der Lichtstufenpunkte auf 
der Normalkugel ein vertikaler Grosskreis, dessen Ebene 
senkrecht steht auf der Horizontalrichtung der Ebenen 
und der sich im Grundriss der Normalkugel als ein Radius 
senkrecht zu dieser Horizontalrichtung projiziert. 
Die Horizontalrichtung der gegebenen Ebene ist in 
der Linie xy schon vorhanden. Man hat also, um den 
Lichtstufenpunkt im Grundriss der Normalkugel zu erhalten, 
nur den Radius kn senkrecht zu xy oder parallel zu dz 
zu ziehen und auf diesem Radius kl = k‘ g 1 aufzutragen; 
l ist der Lichtstufenpunkt im Grundriss. Um keinen Auf 
riss der Normalkugel beiziehen zu müssen, kann man sich 
den Radius k‘ g‘ verschaffen, indem man für das Ziehen 
der Tangente f g‘ den Grundriss zeitweilig als Aufriss 
auffasst. 
Fällt im Aufriss der Schnittpunkt f‘ von Tangente 
und Kugelachse über das Blatt hinaus, so benützt man 
die im Grundriss gezeigte Konstruktion, indem man den 
Horizontalkreis k‘ g‘ in die Vertikalebene umklappt und in 
der Umklappung k‘ i‘ parallel zu dz oder senkrecht zu xy 
zieht. Das Zurückklappen des Punktes i‘ durch i‘ 1‘ senk 
recht zu k‘ g‘ liefert dann den Punkt 1‘ unabhängig von 
Die Thatsachen, durch deren Betrachtung der Punkt 
L sich gefunden hat, sind als wichtig für spätere Probleme
	        
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