Full text: Lehrbuch der Schattenkonstruktion und Beleuchtungskunde

Kapitel XII. Artikel iio, in. 
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die liegende Kathete vom rechtwinkligen Eckpunkt aus 
einteilen, so ist auch die Erzeugende im Grundriss vom 
Mittelpunkt aus durch die Lichtstufenpunkte einzuteilen. 
Die Durchführung des Verfahrens für eine genügende Zahl 
von Erzeugenden liefert wie in den früheren Lösungen 
eine genügende Zahl von Punkten für jede Lichtstufen 
linie. Hiebei ist Gebrauch gemacht von der Thatsache, 
dass für jeden beliebigen Höhenabschnitt einer vertikal 
stehenden Wendelfläche die Grundrissbogenlängen der 
auf ihr liegenden Schraubenlinien deren Radien proportional 
sind. Jene geneigten Parallelen samt der zuerst gezeichneten 
Hypotenuse können unmittelbar als die Abwicklungen der 
Schraubenlinien der für die ausgewählte Erzeugende vor 
gestellten Hilfswendelfläche aufgefasst werden, ebenso die 
Horizontalabschnitte als Verstreckungen der zugehörigen 
Grundrissbogenlängen. 
Die Lösung hat sich verhältnismässig einfach gestaltet, 
weil es möglich war, jede Lage der Erzeugenden als Be 
standteil der einfach zu schattierenden senkrecht stehenden 
Wendelfläche zu betrachten. Beim allgemeinen Fall des 
Konoids, wofür etwa das Kugelkonoid mit schrägstehen 
der Geraden als Leitlinie und mit Gleiten der Erzeugenden 
an einer Kugel anstatt des Kreises in Figur 29b ein inter 
essantes Beispiel wäre, fällt diese Erleichterung weg. Auch 
nicht als Schraubenfläche darf ein Stück der Fläche zwi 
schen zwei einander naheliegenden Erzeugenden betrachtet 
werden, da die Winkel mit der festen Geraden sich ändern. 
Die Auffassung als Bestandteil eines windschiefen Vierecks 
(hyperbolischen Paraboloids) wäre berechtigt, führt aber 
zu keiner direkten Lösung. Daher dürfte wie bei der 
schiefen Kegeldäche nur eine Lösung mit punktweise kon 
struierten geometrischen Orten möglich sein, wie sie im 
folgenden in den Grundzügen gegeben ist. 
Wie im zuerst betrachteten einfachen Fall und wie bei 
allen Regelflächen überhaupt besteht die Thatsache, dass 
die Lichtstufenpunkte für jede der Erzeugenden E auf 
einem Meridian ME der Normalkugel zu suchen sind, 
dessen Ebene normal steht zur Erzeugenden, also hier 
vertikal steht. Wenn noch für einen Punkt der Erzeugen 
den die Neigung der Tangente N an der Schnittlinie der 
Fläche mit der zur Erzeugenden normalen Ebene be 
kannt ist, so kann für diesen Punkt der zugehörige Normal 
kugelpunkt angegeben werden; es ist derjenige Punkt des 
Meridians ME, in welchem die Meridiantangente dieselbe 
Neigung hat wie die Tangente N. 
Ein beliebiger Vertikalschnitt V der Fläche, der senk 
recht zum Grundschnitt gerichtet sein mag, kann für jeden 
Punkt, in dem er eine Erzeugende E schneidet, diese 
Neigung liefern. Man zeichnet die Schnittkurve des Vertikal 
schnitts V und in jedem Punkt, in welchem er eine der 
ausgewählten Erzeugenden E schneidet, die Tangente S 
an der Vertikalschnittkurve. Diese Tangente S hat man 
rechtwinklig auf die zur Erzeugenden E normale Ebene 
zu projizieren, um in dieser die Normaltangente N zu 
erhalten. 
Hienach lässt sich für jeden Schnittpunkt der Vertikal 
schnittkurve V mit einer Erzeugenden E der entsprechende 
Punkt P der Normalkugel bestimmen. Verbindet man auf 
der Normalkugel alle zu einem Vertikalschnitt /'gehörigen 
Punkte P durch eine Kurve, so ist diese der geometrische 
Ort der Lichtstufenpunkte für eine Vertikalschnittkurve V. 
Diese Raumkurve auf der Kugel schneide z. B. den Licht 
stufenkreis + 3 in einem bestimmten Punkt. Durch diesen 
Punkt legt man einen Vertikalschnitt der Normalkugel 
parallel zum Vertikalschnitt V, zieht an den Schnittkreis 
eine Tangente im Punkt + 3 und dazu eine parallele Tan 
gente an die Vertikalschnittkurve V. Der Berührungs 
punkt auf dieser letzten ist der Lichtstufenpunkt -f 3 auf 
der Fläche. 
Eine zweite Lösung, bei welcher der geometrische ()rt 
nicht auf der Normalkugel, sondern auf der Fläche selber 
sich bildet, ist die folgende. Der zu einer Erzeugenden E 
gehörige vertikalstehende Kugelmeridian M schneide die 
Lichtstufenlinie + 3 in einem Punkt R. Durch R legt man 
einen vertikalen Parallelkreis, dessen Ebene denjenigen 
der Vertikalschnitte V\ V% Vs . . . der Fläche parallel ist, 
also nach der für diese getroffenen Wahl auch senkrecht 
zum Grundschnitt steht. In R zieht man eine Tangente 
an den Parallelkreis, dann an die getrennt herausgetragenen 
Schnittkurven V\ Vz Vs . . . parallele Tangenten. Die Be 
rührungspunkte dieser letzten überträgt man in den Grund 
riss oder Aufriss und verbindet sie durch eine stätige 
Kurve. Wo diese die Erzeugende E schneidet, da ist der 
Lichtstufenpunkt + 3 auf dieser. Selbstverständlich wird 
man die parallelen Tangenten nur an etwa vier Vertikal 
schnittkurven V ziehen, bei denen die Berührungspunkte 
in die Nähe der Schnittpunkte der Kurven mit der Er 
zeugenden fallen. Da diese Schnittpunkte zum Heraus 
tragen der Kurven V dienen, also von Anfang auf ihnen 
vorhanden sind, so ist die Auswahl der vier Kurven leicht 
zu treffen (eine dritte Lösung s. Art. in am Schluss). 
Lichtstufen auf beliebig gekrümmten Flächen, 111. 
erstes Verfahren: mit geometrischen Orten 
auf der Normalkugel. 
Bei allen bisher beschriebenen gekrümmten Flächen 
ist das Verfahren zur Bestimmung der Lichtstufenlinien 
einem bestimmten Erzeugungsgesetz angepasst worden. 
Andere Flächen als die betrachteten dürften zwar selten 
mit Lichtstufen zu schattieren sein; doch ist vom rein 
wissenschaftlichen Standpunkt aus die Aufgabe der Be 
leuchtungskunde mit solcher Einzelkonstruktion noch nicht 
gelöst. Sie ist es offenbar erst dann, wenn alle Flächen 
in derselben Weise schattiert werden können wie die 
bisher betrachteten, das heisst wenn ein allgemein gültiges 
Verfahren für alle gekrümmten Flächen gefunden ist, 
ähnlich wie es für die Bestimmung der Schattengrenzen 
in Art. 28 vorliegt. Den im Früheren betrachteten Lö 
sungen muss ein gemeinschaftlicher Grundgedanke zu 
eigen sein, dessen Durchführung sich in ihnen verhältnis 
mässig einfach gestaltet hat, weil das Erzeugungsgesetz 
der Flächen ein einfaches war oder eine günstige Ver 
wandtschaft mit dem der Kugel darbot. Diesen Grund 
gedanken auszuziehen und seine Verwertung ohne Ein 
gehen auf ein bestimmtes Erzeugungsgesetz zu zeigen, 
ist im vorliegenden Artikel versucht.
	        
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