Full text: Lehrbuch der Schattenkonstruktion und Beleuchtungskunde

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Kapitel XIII. Artikel 117. 
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Dies ist aber noch die kleinere Schwierigkeit gegen 
über der Unmöglichkeit, im Einzelfall des Schattierens 
die Probe mit den Entfernungen von einer Lichtquelle 
wirklich anzustellen und insbesondere mit Tages 
beleuchtung anzustellen. Dreizehn oder sechzehn als 
Proben aufgetragene Tuschtöne oder Strichlagen im dunklen 
Zimmer um ein Licht zu stellen, wäre eine viel zu weit 
greifende Einleitung der Arbeit, um so mehr als die Brauch 
barkeit des Resultats für die Anschauung bei Tageslicht 
zweifelhaft wäre. Von einer strengen auf den absoluten 
Werten jener Zahlen fussenden Wiedergabe der Licht 
stufen durch Maltöne oder Strichlagen kann auch aus 
diesem Grund nicht die Rede sein; nur Annäherungen 
sind möglich. 
117. Schattierung mit Strich lagen. 
Bei Schattierung mit Strichlagen kann man diese so 
wählen, dass das zwischen den Strichen übrig bleibende 
weisse Papier seinem Flächengehalt nach dieselben zwei 
arithmetischen Reihen bildet wie die Verhältniszahlen einer 
jener vier Tafeln (C bis F) für die Licht- und Schatten 
stufen. Die oben gegebene zweite Zahlenreihe z. B. (Taf. D) 
wird dann so wiedergegeben, dass die Lichtstufe + 0 h 
durch das weisse Papier dargestellt ist, +oj durch eine 
Strichlage oder Strichlagenkreuzung, welche nur * A /4 s vom 
weissen Papier übrig lässt, + 3 im Licht durch eine Strich 
lage, welche 24 /4s vom weissen Papier übrig lässt u. s. w. 
Wenn von einer Strichlage zur benachbarten die Fläche 
des weissen Papiers um einen Bruchteil n der Gesamt 
fläche abnimmt, also die dunkle der Striche um denselben 
Bruchteil n zunimmt, wenn ferner das weisse Papier einen 
Bruchteil a und die dunkle Strichfläche einen weit kleineren 
Bruchteil b des von aussen auf sie fallenden Lichtes zurück 
wirft, so nimmt die vom weissen Papier ausgehende Licht 
menge bei diesem Uebergang ab um na und die von der 
Strichfläche ausgehende Lichtmenge zu um nb; die Ge 
samtveränderung ist also eine Abnahme um n (a — b). Da 
nun nach den aufgestellten Zahlenreihen n für alle Ueber- 
gänge von + o (h) bis + 4 (k) gleich gross ist (z. B. bei 
der Tafel D = 8 /4s), und ebenso für diejenigen von — oír) 
bis + o (s) immer gleich gross ist (bei der Tafel D = 3 / 48 )> 
so sind auch die Unterschiede der von den Strichlagen 
ausgehenden Lichtmengen gleich gross. Mit solchen Strich 
lagen wird also in der That erreicht, dass bei allen Be 
leuchtungsstärken des Papiers die dargestellten Licht 
stufen in Beziehung auf die Unterschiede dieselben 
zwei arithmetischen Reihen bilden, wie die Glieder der zu 
Grunde liegenden zwei Zahlenreihen tür die Lichtstufen 
im Licht und im Schatten. Nur von den hiebei erzielten 
geometrischen Verhältnissen der Glieder lässt sich nicht 
dasselbe behaupten, da diese Verhältnisse wie auch das 
jenige der Werte a und b bei verschiedenen Beleuchtungs 
stärken des Papiers wechseln dürften. Nun sind aber die 
Endglieder jener Zahlenreihen (Tafeln C bis F) selbst will 
kürlich gewählt; sie könnten auch beliebig anders und mit 
gleichem Recht so gewählt worden sein, wie es bei einer 
bestimmten Tagesbeleuchtung den entstandenen Strich- 
lagen entspricht; es würde also auf diesem W eg eine 
j durchaus wohlbegründete Reihe von Strichlagetönen für 
i die ganzzahligen Lichtstufen erreicht werden, wenn es 
möglich wäre, die zwei arithmetischen Reihen der bei der 
Schraffierung für die Licht- und Schattentöne übrig zu 
lassenden weissen Papierflächen streng richtig zu erzielen. 
(Für gekreuzte Strichlagen ist in dieser ganzen Erwägung 
vorausgesetzt, dass die Flächen der Strichkreuzungen nicht 
dunkler werden als die einfache Strichfläche, was nur bei 
sehr dunkler Strichfläche nahehin erfüllt ist.) 
Es siebt Schrafflerlineale, mit welchen durch Ein- 
stellen einer Druckschraube nach einer Skala die Ab 
stände der Parallelstriche, von Mitte zu Mitte gemessen, 
genau nach einem verlangten Mass erhalten werden, und 
Reissfedern mit Teilscheibe, welche eine bestimmte Strich 
dicke auf Zwanzigstelsmillimeter genau liefern oder liefern 
sollen. Mit zwei solchen Instrumenten würde die Strich 
lage für jede einzelne Lichtstufe ziemlich genau der be 
rechneten übrig zu lassenden weissen Papierfläche an 
gepasst werden können. Nur ist zu beachten, dass die 
Reissfedern im längeren Gebrauch sich allmählich etwas 
erweitern und dann breitere Striche geben als die Teil 
scheibe anzeigt. 
In dieser Weise könnte die Schattierung durch 
geführt werden, ohne zur Feststellung der Lichtstufen der 
Zeichnung das Gefühl zu Hilfe zu nehmen. Es ist aber 
im Einzelfall ganz überflüssig, dieser Schätzung der Strich 
stärken dem Gefühl nach aus dem Wege zu gehen; sie 
führt weit rascher zum Ziel und giebt vielleicht Resultate, 
die dem Gefühl mehr Zusagen, als die auf rechnerischem 
und mechanischem Weg erzielten. Man wird hiezu nach 
Festsetzung einer für alle Lichtstufenstreifen gleichbleiben 
den Strichweite vor Beginn der Arbeit Probeschraffie 
rungen auf einem Nebenblatt ausführen und den Versuch 
so oft wiederholen, bis eine befriedigende Stetigkeit der 
Lichtstufen innerhalb der zuvor gewählten Grenzen des 
hellsten und dunkelsten Tons erzielt ist. Diesen letzten 
wird man nach dem Verhältnis und dem Dunkelheitsgrad 
der Schattenflächen gegenüber den Lichtflächen richten 
und bei Vorhandensein grosser dunkler Schattenflächen 
weit heller festsetzen, als wenn etwa bei wenig Schatten 
flächen die dunkleren Stufen des Schlagschattens gar nicht 
vertreten sind. Figur U2d ist ein Beispiel für den ersten 
Fall, Figur 109b für den zweiten, ein Versuch bei jener, 
die gleichzahligen Licht- und Schattenstufen wie bei dieser 
zu halten, ergab ein viel zu schwarzes Bild. Bei wich 
tigen Darstellungen erleichtert es die Beurteilung der 
Lichtstufen, wenn man die empfohlenen Probestrichlagen 
zu Lichtstufenstreifen eines Cylinders mit Schlagschatten 
partien gestaltet. 
Ob oder wie weit eine solche geftihlsmässig fest 
gesetzte Reihe von Lichtstufentönen übereinstimmt mit 
einer durch Berechnung und jene beide Instrumente er 
haltenen, wäre noch durch Versuche zu erproben. 
Die Schraffierung kann entweder mit nur einer 
Strichlage für jede Lichtstufe oder mit gekreuzten Strich 
lagen für die dunkleren Töne durchgeführt werden. In 
den Figuren 109b und nie ist das erste gewählt; die 
Strichweite ist in dem anderthalbmal grösseren Original 
der ersten Figur 0,8 mm, bei der zweiten 0,7 mm. Bei dem
	        
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