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Kapitel XIII. Artikel 122, 123.
tung ist aber der mehr oder minder trockene Zustand
des Papiers. Auf feuchter Papierfläche kommt ein Ton
viel heller als auf stark ausgetrockneter, da diese die
Farbflüssigkeit begieriger und reichlicher ansaugt. Ist
also ein Ton kaum aufgetrocknet, wenn man den folgen
den auflegt, so wirkt dieser weit schwächer; er scheint
oft vom vorhergehenden fast ebensoviel wieder weg
zunehmen als er selber hin^ubringt; wenn aber ein Ton
erst andern Tags aufgelegt wird, so wirkt er schon mit
geringerer Stärke sehr lebhaft. Daher ist der mehr oder
minder trockene Zustand des Papiers bei jeder Wahl der
Tonstärke wohl zu beachten; daher hat ein oftmaliges
oder längeres Unterbrechen der Arbeit des Farbton-
auftragens meistens zur Folge, dass man nicht ohne
einiges Nachbessern zum Ziel kommt.
Für das Schattieren mit Strichlagen ist glattes,
gutgeleimtes, kräftiges, sorgfältig aufgespanntes Papier,
tiefschwarzer Tusch und eine gutgeschliffene Reissfeder
notwendig. Bei Verwendung eines Schraffierlineals soll
um die Zeichnung herum reichlich Papierfläche vorhanden
sein, da die Bewegung des Apparats durch die geringste
Unebenheit gehemmt und dadurch die Strichweite be
einflusst oder sogar eine Drehung der Strichrichtung her
vorgerufen wird. Die Lichtstufenlinien sind gewöhnlich
nur mit Bleistift vorzuzeichnen; bei Darstellungen in klei
nerem Massstab kann das Ausziehen mit der Feder der
grösseren Klarheit wegen günstiger sein.
Aufträgen der Lichtstufen mit je einem Ton. 1
Die beschriebene Schattierung mit Lichtstufen ist ein
vorzügliches Hilfsmittel, die ästhetische Wirkung aus
zuführender Gebilde mit mathematisch bestimmten Flächen
zu erproben und schwieriger vorstellbare Raumformen
ohne Modelle der Anschauung näher zu bringen. Ihre
Vorzüge könnten sowohl nach ihrem Wert für das prak
tische Schaffen, als auch für den auf mathematische Raum
gebilde zielenden Unterricht in grösserem Umfang aus
genützt werden, wenn für den Fall der gleichzeitigen
Herstellung vieler Lichtstufenbilder das Aufträgen der
Maltöne auf kleineren Arbeitsverbrauch herabgedrückt
und von all den Zufälligkeiten und Gefahren befreit würde,
die beim Malen mit Wasserfarbtönen das Resultat so leicht
verändern oder in Frage stellen. Es dürfte nun in der
That nicht schwer sein, in einem Malverfahren mit decken
den Farbtönen die 15, genauer betrachtet 13 Lichtstufen
ein- für allemal in grösseren Mengen derart herzustellen,
dass jede Lichtstufe durch einmaliges Aufträgen ihres
Farbtons fleckenlos, deckend und immer unverändert
richtig erhalten würde. Für Formen in grösserem Mass
stab, welche neben den 13 Grundtönen noch diejenigen
für die in Art. 114 erwähnten Zwischenstreifen + 1,75
+ 2,75 u. s. w. erfordern, würden die Zwischentöne je
durch Mischen gleicher Mengen der zwei nächstliegenden
Farbtöne erhalten, so man auch für solche Formen mit
den 13 Tönen ausreichen könnte.