A. Schattenkonstruktionslehre oder Lehre von den Schattengrenzlinien.
Die Schattenkonstruktionslehre hat unter Annahme der beschriebenen Lichtstrahlrichtung die graphischen
Konstruktionen darzulegen, mit welchen die Grenzen zwischen Lichtflächen, Körperschattenflächen und Schlagschatten
flächen für die zumeist in der Technik verwendeten mathematisch bestimmbaren Körper in verschiedenen Lagen auf
gesucht werden können. Dieser Aufgabe sind die Kapitel II bis X gewidmet. Zusammengesetzte technische Gebilde
erheischen zwar im allgemeinen die Anwendung von mehreren Lösungsmethoden nebeneinander; doch bleiben solche
Fälle bei Erklärung der einzelnen Methoden besser beiseite.
II. Schlagschatten auf den Grundebenen und Selbst
schatten von Körpern mit ebenen Flächen.
S. Hilfsmittel aus der darstellenden Geometrie.
Die Lösung der in den Kapiteln II, III und IV be
handelten Aufgaben erfordert nur die Kenntnis elemen
tarer Sätze und Operationen der darstellenden Geometrie;
sie sind, der früheren Ankündigung entsprechend, in ge
drängter Fassung hier voranzustellen.
a) Das Projizieren. Wenn ein Körper geo
metrisch, das heisst nach dem Verfahren der darstellen
den Geometrie abgebildet werden soll, so geschieht dies
dadurch, dass man in bestimmter Lage zum Körper eine
horizontale und eine vertikale Ebene vorstellt und von
jedem Kantenpunkt des Körpers sich ein Lot gefällt denkt
sowohl auf die Horizontalebene als auf die Vertikalebene.
Dieses Lotfällen auf die beiden „Grundebenen“ nennt man
das „Projizieren“, genauer das „rechtwinklige Pro
jizieren“, und die Figur, welche gebildet wird durch die
Fusspunkte der Lote, heissteine „Projektion“. Auf der
Horizontalebene bildet sich die „Horizontalprojektion“
des Körpers, die im folgenden ebensohäufig der „Grund
riss“ des Körpers genannt werden wird, um eine Abwechs
lung und ein kürzeres Wort zu haben; auf der Vertikal
ebene bildet sich die „Vertikalprojektion“, die auch
bezeichnet werden wird als „Aufriss“ oder „Vorder
ansicht“ des Körpers. Die horizontale Schnittlinie der
beiden Grundebenen heisst der „Grundschnitt“. Da
man nun beim Zeichnen nicht auf einer horizontalen Tafel
und einer aufgesetzten vertikalen zugleich operieren kann,
so denkt man sich nach vollendetem Projizieren (Figur
zu Art. 8) die Horizontalebene mit allem, was an Pro
jektionen darauf erscheint, um den Grundschnitt nach
unten geklappt, und zwar um eine Viertelswendung, so
dass sie mit der unter den Grundschnitt erweitert ge
dachten Vertikalebene zusammenfällt, oder — anschau
licher zu sprechen — vor diese Erweiterung zu stehen
kommt. Doch ist für alle Beziehungen zwischen beiden
Projektionen immer die ursprüngliche Lage beider Grund
ebenen wieder vorzustellen. Die Zeichnungsfläche unter
dem Grundschnitt bedeutet also ebensowohl den vorderen
Teil der Horizontalebene als den unteren Teil der
Vertikal ebene. Vertikalprojektionen auf diesem letzten,
verdeckten Teil werden punktiert gezeichnet, um aus
zudrücken, dass sie von der Horizontalebene verdeckt
sind; die Figuren auf dieser letzteren zeichnet man mit
ausgezogenen Linien. — Die hinter den Grundschnitt
erweiterte Horizontalebene, welche vielfach ebenfalls Pro
jektionen aufzunehmen hat, klappt sich beim Hinunter
drehen der vorderen Horizontalebene nach oben und legt
sich hinter den Oberteil der Vertikalebene. Die Zeich
nungsfläche über dem Grundschnitt bedeutet also ebenso
wohl den hinteren Teil der Horizontalebene als den