Kapitel IX. Artikel 69.
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Die Schlagschattengrenze der Selbstbeschattung ist
ähnlich erhalten wie in Art. 61 bei Drehungsflächen. Es
wurden die Ellipsen einiger Horizontalschnitte im Grund
riss gezeichnet und auf den Ebenen dieser Schnitte der
Schatten der oberen Randellipse angegeben, der eine kon
gruente, aber in der Lichtrichtung verschobene Ellipse ist.
Zu diesem Zweck wurde die Randellipse auf Pauspapier
gezeichnet und im Grundriss nacheinander in der Rich
tung des Lichtstrahls je um soviel fortgeschoben, als die
Länge des Lichtstrahls bis zur Schnittebene angab (die
Mittelpunkte der fortgeschobenen Lagen sind bezeichnet).
In jeder Lage wurden die zwei Schnittpunkte zwischen
Schattenellipse und Schnittellipse als Schlagschattenpunkte
durchgestochen und bezeichnet. Fast ebenso rasch, aber
mit minder sicherer Bestimmung der Körperschattengrenze,
würde das allgemeine Verfahren zum Ziel geführt haben.
Einige Schnittebenen und Schnittkurven hiefür sind ein
gezeichnet.
Nur im Innern des Mantels erscheint der Schlag
schatten, und zwar umfasst er am obern Teil die beiden
spitzwinkligen Zwickel als Ausläufer des unter dem Hals
von den gekrümmten Linien gebildeten Vierecks mit dem
kleineren Abschnitt der Fussellipse. Die Parallelperspektive
Figur 69 c (Schnitt nach der durch die Achse gehenden
Lichtstrahlenebene) soll die Verteilung der Innenfläche an
Licht, Körperschatten und Schlagschatten besser zur An
schauung bringen, als es die geometrische Darstellung
vermag.
e) Das hyperbolische Paraboloid, bei Abgren
zung durch vier gerade Ränder auch das „windschiefe Vier
eck“ genannt, lässt sich auf verschiedene Weise erzeugen;
in Figur 69d ist diejenige als „Rtickungsfläche“ aus der
Bewegung einer Parabel gewählt. Zwei Parabeln haben
Scheitel und Achse gemein; die erste, festgedachte, liegt
in einer Vertikalebene und erstreckt sich rechts ins Un
endliche; die zweite liegt in einer Horizontalebene und
erstreckt sich links ins Unendliche; sie rückt parallel und
unveränderlich auf der ersten fort, mit dem Scheitelpunkt
auf ihr bleibend. Beide Parabeln können ihre Eigenschaft
als fest und beweglich vertauschen, ohne dass die Fläche
sich ändert.
Dieser Erzeugungsweise entsprechend kann jeder
Horizontalschnitt der Fläche aufgefasst werden als ein
sehr niedriger schiefer Cylinder parallel zur Vertikalebene,
dessen horizontale Basis die bewegliche Parabel ist und
dessen Mantellinien gleich geneigt sind wie die Tangente
der festen Parabel an der Stelle des Durchschneidens. Wo
die Körperschattengrenze auf der horizontalen Parabel liegt
als auf einer Zone des Cylinders, da muss sie auch für das
Paraboloid liegen. Die Bestimmung der Körperschatten
grenze auf dem Cylinder geschieht nach Art 49. In einfacher
Weise ergeben sich aus einer und derselben Hilfsfigur, die
innerhalb des Grundplans gezeichnet ist, die Richtungen
der Tangenten, welche an die horizontalen Schnittparabeln
zu ziehen sind, und deren Berührungspunkte die Körper
schattengrenze bilden. Diese wird eine Parabel, die sich in
der Seitenprojektion als gerade Linie projiziert, also wie bei
69 b auch auf kürzerem Weg gefunden werden kann.
Göller, Schattenkonstruktionslehre und Beleuchtungskunde.
(Bestimmung der Tangenten in den ausgewählten
Punkten der festen Parabel und ebenso der Berührungs
punkte der Tangenten an der beweglichen Parabel nach
dem Satz, dass jede Tangente der Parabel senkrecht und
in der Mitte steht auf der Verbindungslinie des Brenn
punktes mit dem Fusspunkt des Lotes, das vom Be
rührungspunkt auf die Direktrix gefällt wird.)
Zur Bestimmung der Schlagschattengrenze ist das
selbe Verfahren gewählt wie oben für das elliptische Hy
perboloid; das heisst, die obere Randparabel wurde auf
Pauspapier gezeichnet und in der Lichtstrahlrichtung par
allel verschoben. Im gezeichneten Fall wurde die Schlag
schattengrenze zufällig nahezu geradlinig, was mit der
geringen Krümmung des schattenwerfenden Randstücks
zusammenhängt; eine strenge gerade Linie kann aber
nicht entstehen. Denn wenn die Schlagschattengrenze
wirklich eine Gerade wäre, so würden die Lichtstrahlen,
welche sie erzeugen, eine Ebene bilden, und eine solche
müsste die horizontale Ebene des oberen Randes nach
einer geraden Linie schneiden; das heisst, der obere
Rand der Fläche müsste, soweit er den Schatten wirft,
selbst geradlinig, anstatt parabolisch mit geringer Krüm
mung sein.
Figur 69c zeigt die Seitenansicht von rechts mit An
gabe der Schattenflächen und Beifügung einiger Lagen
der Geraden, welche entstehen, wenn man die Fläche
durch Vertikalebenen schneidet, welche die ursprüng
liche Lage der horizontalen Parabel berühren. Eine
wichtige Ebene dieser Art ist die Vertikalebene parallel
zur Lichtrichtung; sie liefert den Durchgangspunkt in
welchem die Körperschattengrenze jene horizontale Para
bel schneidet.
Der Schlagschatten erscheint an der Aussenseite des
Mantels; würde der Parameter der festen Parabel genügend
vergrössert, so würde nur auf der Innenseite Selbstbeschat
tung stattfinden. Zwischen beiden Fällen liegt ein Grenz
fall, in welchem gar kein Schlagschatten erscheint; er ist
geboten, wenn die zwei Geraden, nach welchen die Fläche
von einer tangierenden vertikalen Lichtstrahlenebene ge
schnitten wird, im Aufriss unter 45 0 stehen und beide
gegebene Parabeln kongruent sind. Für die Schlag
schattenbestimmung hätten auch Schnitte parallel zur Ver
tikalebene, die ebenfalls alle kongruent sind, verwertet
werden können.
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