Vo r w o r t.
Schattenkonstruktionslehre und Beleuchtungskunde
haben manche frühere Bearbeitung aufzuweisen; aber
nach dem Ausscheiden solcher Werke, welche sich nur
mit den Elementen befassen, bleiben nur wenige übrig.
Auch von diesen dürfte den Forderungen, welche der
Techniker oder Kunsthandwerker zu stellen hat, keines
ganz entsprechen, da sie alle die Beleuchtungskunde oder
Lehre von den Abstufungen der Lichtstärke als einzigen
Gegenstand oder als Hauptsache behandeln und in Be
ziehung auf die Schattenkonstruktion oder Lehre von den
Schattengrenzen, die für das praktische Schaffen weit wich
tiger ist, entweder auf die darstellende Geometrie ver
weisen oder deren Lösungen nur als Zugabe in diejenigen
der Beleuchtungskunde verflechten, wobei eine Uebersicht
über die Operationen, die zur Bestimmung der Schatten
grenzen führen, unmöglich gewonnen werden kann. Ein
Buch, das die Schattenkonstruktionen selbständig und
sowohl mit der für das praktische Schaffen genügenden
Vollständigkeit, als mit der wünschenswerten Entwicklung
des Schwierigeren aus seinen einfachen Grundlagen be
handelt, giebt es nicht.
Die Wege, welche beim Aufsuchen einer Schatten
grenze einzuschlagen sind, werden ausschliesslich vom
beschatteten Körper, nicht auch vom schattenwerfenden
bestimmt. Daher ist es möglich, alle denkbaren Konstruk
tionen nach den verschiedenen Arten von Flächen zu
ordnen und für jede Flächenart an der Hand weniger
Beispiele die Hilfsmittel zu zeigen, durch welche alle
Probleme der Beschattung derselben Flächenart gelöst
werden können. Dieser Lehrgang ist im vorliegenden
Buch gewählt; für jeden durch das praktische Schaffen
gebotenen oder frei erfundenen Fall der Beschattung bietet
es, sobald das Gesetz der beschatteten Fläche erkannt ist,
eine Anweisung zur Lösung an leicht aufzuflndender Stelle,
und während bisher die Schattenkonstruktionslehre mehr
nur eine Aufeinanderfolge zufällig ausgewählter Probleme
war, bilden hier die Konstruktionen (nach der im zehnten
Kapitel eröffneten Uebersicht) als die verschiedenen An
wendungen zweier Grundgedanken mit je vier
Fällen ein in sich abgeschlossenes System.
Für alle Arten von Flächen ist der Grundgedanke,
der bei der Schattenkonstruktion zur Verwertung gelangt,
durch ein perspektivisches Bild zur Anschauung gebracht,
das meist schon für sich allein, ohne wörtliche Erklärung,
zur Kenntnis der Konstruktion führen könnte. Als Bei
spiele sind so oft als möglich Gebilde aus der praktischen
bautechnischen, maschinentechnischen oder kunstgewerb
lichen Thätigkeit gewählt; die Beschränkung auf solche
Formen ausschliesslich wäre jedoch der Darstellung mancher
Konstruktion minder förderlich gewesen.
Alle Schattenkonstruktionen für die häufiger in der
Technik und im Kunsthandwerk verwerteten Flächen sind
so erklärt, dass sie nur die normalen Vorkenntnisse aus
der darstellenden Geometrie erfordern; dazu sind die not
wendigen Grundlagen aus dieser immer kurz wiederholt.
Nur bei den seltener in der Praxis auftauchenden, mehr
nur wissenschaftlich interessanten Problemen, worunter
einige bisher nie behandelte, musste der Wortlaut der
Erklärung und die Darstellung durch Figuren etwas grös
sere Anforderungen an das räumliche Anschauungsver
mögen stellen, um nicht für den Geübten ermüdend zu
werden. Die Nummern der hierher gehörigen Artikel, die
beim ausschliesslichen Ausgehen auf das im praktischen
Schaffen Notwendige übergangen werden können, sind
im Inhaltsverzeichnis durch Sterne erkennbar gemacht.
Bei allen Flächen ist der allgemeine Fall dem beson
deren vorangestellt und dieser als eine Vereinfachung des
ersten behandelt. (Der umgekehrte Weg wäre vielleicht
anfangs bequemer, würde aber das Erfassen des Haupt
gedankens nur hinausschieben, ohne es zu erleichtern,
und dem Ganzen gegenüber ein Umweg sein.) Hierbei
mussten, wenn auch die allgemeinen Lösungen noch so
eingehend Stufe um Stufe aus ihren Elementen aufgebaut
wurden, schwierigere Probleme oft leichteren vorangehen,
wie z. B. bei Schatten auf ebenbegrenzten Körpern der
schwierigere allgemeine Fall dem leicht zu schattierenden
vertikalen Prisma voranzustellen war. Wenn hierdurch
manchem Studierenden eine rasche Anfangszunahme der
Anforderungen an die Raumanschauung fühlbar werden
mag (z. B. von Art. 17 zu Art. 18), so kann hier nicht die
wörtliche Erklärung möglichst vieler Finzellösungen helfen,
da sie immer dieselbe wäre, sondern nur die selbstän
dige Behandlung zuerst leichter Probleme auf Grund
der gegebenen und an einem Beispiel gezeigten Anweisung
mit allmählichem Fortschreiten zum Schwierigeren. Hierzu
soll die Sammlung von Uebungsaufgaben am Schluss des
Buchs dienen. Möglichst reichhaltig besonders im Gebiet
der einfachen Formen, soll sie in zahlreichen leichteren