Full text: Lehrbuch der Schattenkonstruktion und Beleuchtungskunde

Kapitel IX. Artikel 71. 
schattengrenzen erklärt, die sich übrigens ganz in der 
selben Weise finden lassen wie bei den Schraubenflächen. 
Die Körperschattengrenze ergiebt sich als Lichtstufenlinie 
+ g oder auch ohne die Hilfsmittel der Beleuchtungskunde 
auf eigenen Wegen, die ebenfalls in Art. 106 gezeigt sind. 
Verwandt mit den Schraubenflächen, weil auffassbar 
als aus solchen zusammengesetzt, ist ferner das ring 
förmig-steigende Tonnengewölbe. Es ist als 
Gegenstand der Beleuchtungskunde ebenfalls behandelt in 
Art. 106 und in den Figuren 106 c und d. Ein Halbkreis 
mit vertikaler Achse (oder Segmentbogen oder Spitzbogen 
oder eine andere Mauerbogenlinie) rückt derart fort, dass 
sein Scheitelpunkt immer auf einer vertikalstehenden 
Schraubenlinie bleibt und seine Ebene immer durch die 
Achse dieser Schraubenlinie geht. Jede Tangente an dem 
beweglichen Bogen beschreibt eine Schraubenfläche. Das 
allgemeine Verfahren für gekrümmte Flächen ist hier das 
nächstliegende, weil Schlagschatten auftreten. Zu seiner 
Durchführung ist eine genügende Zahl der von den Kreis 
punkten beschriebenen Schraubenlinien in Grundriss und 
Aufriss zu zeichnen. Für jeden im Grundriss gezogenen 
Lichtstrahl sind die Schnittpunkte mit den Grundrisskreisen 
in die Aufrisse der Schraubenlinien hinaufzuloten (und 
bei schiefwinkligem Durchschnitt mit Hilfe der Proportio 
nalität der Höhen und Centriwinkel schärfer zu bestim 
men). Hiedurch wird im Aufriss die Schnittlinie der verti 
kalstehenden Lichtstrahlenebene mit der Leibungsfläche 
erhalten, die mit den übrigen in bekannter Weise zu be 
nützen ist. 
71. Die schraubenförmige Röhre oder Wulst fläche 
und andere Röhren flächen mit kreisförmi 
gem Querschnitt. 
Unter einer ,,Röhrenfläche“ versteht man zwar ge 
wöhnlich die Fläche, welche ein unveränderlicher Kreis 
bei normalgerichtetem Fortschreiten auf irgend einer Linie 
erzeugt; hier sollen jedoch, um eine kurze Bezeichnung 
für eine in der. Technik nicht selten vorkommende Art 
von Flächen zu haben, als Röhrenflächen im weitesten 
Sinn bezeichnet werden alle Flächen, welche eine belie 
bige unveränderliche oder geometrisch ähnlich bleibende 
gekrümmte oder zusammengesetzte ebene Linie erzeugt, 
indem ein Punkt ihrer Ebene auf einer Leitlinie fort 
schreitet und ihre Ebene immer normal zu dieser Linie 
bleibt. (Man kann ja die bewegliche Linie immer zur ge 
schlossenen Figur ergänzen, so dass in der That eine 
„Röhre“ erzeugt wird.) Zur Begriffserklärung der Fläche 
gehört noch, dass sich die bewegliche Linie gegenüber 
der Leitlinie auch nicht in ihrer eigenen Ebene verdrehen 
darf; das heisst, es muss bei einer ebengekrümmten Leit 
linie immer dieselbe Sehne der beweglichen Linie in der 
Ebene der Leitlinie bleiben, und bei einer gewundenen 
Leitlinie immer dieselbe Sehne der beweglichen Linie in 
die „Schmiegungsebene“ der Leitlinie fallen; mit andern 
Worten, die bewegliche Linie muss immer dieselbe Lage 
gegenüber der „Hauptnormalen“ der Leitlinie beibehalten. 
(„Schmiegungsebene“ in einem bestimmten Punkt 
einer gewundenen Kurve heisst diejenige Ebene, welche 
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durch die beiden an den Punkt anstossenden, geradlinig 
gedachten Flemente der Kurve gelegt ist. Verbindet man 
den Punkt geradlinig mit einem vor ihm liegenden und 
einem nachfolgenden Punkt, so bilden die beiden Ver 
bindungslinien eine bestimmte Ebene. Nähern sich die 
beiden Punkte dem gegebenen, so schmiegt sich die Ebene 
der Kurve immer mehr an; fallen sie endlich mit dem 
gegebenen zusammen, so ist die Ebene zur „Schmiegungs 
ebene geworden. Die Tangente liegt in der Schmiegungs 
ebene. „Hauptnormale“ für einen bestimmten Punkt 
einer gewundenen Kurve heisst die Schnittlinie der Schinie- 
gungsebene mit der Normalebene oder zur Tangente senk 
recht stehenden Ebene; diese Linie steht also senkrecht 
zur Tangente.) 
Im vorliegenden Artikel sind die Röhrenflächen im 
engeren Sinn, das heisst diejenigen mit kreisförmigem 
unveränderlichem Normalschnitt behandelt. Sie können 
auch als Umhüllungsflächen aller Lagen einer unveränder 
lichen Kugel aufgefasst werden, deren Mittelpunkt auf der 
als Leitlinie gegebenen Kurve fortschreitet; jede solche 
Kurve berührt die Röhrenfläche nach einem Normalschnitt 
kreis, und wo die Körperschattengrenzpunkte auf diesem 
als auf einem Bestandteil der Kugel liegen, da liegen sie 
auch für die Röhrenfläche. 
Das interessanteste Beispiel einer solchen Fläche ist 
die schraubenförmige Röhre, die auch zuweilen der schrau 
benförmige Wulst genannt wird. Sie wird erzeugt durch 
einen unveränderlichen Kreis, dessen Mittelpunkt auf einer 
Schraubenlinie fortschreitet und dessen Ebene immer nor 
mal zur Schraubenlinie gerichtet ist. Jeder Punkt dieses 
Kreises beschreibt eine Schraubenlinie auf der Fläche; 
alle diese Schraubenlinien haben dieselbe Achse und Gang 
höhe wie die gegebene, aber ihre Steigungen sind ver 
schieden. Die Fläche lässt sich nach dem Voranstehenden 
auch erklären als Umhüllungsfläche einer Kugel, deren 
Mittelpunkt auf einer Schraubenlinie fortschreitet. Jede 
Lage der Kugel berührt die Fläche längs eines Gross 
kreises, dessen Flbene normal zur Schraubenlinie steht und 
der mit dem vorgenannten beweglichen Kreis identisch ist. 
Zur Bestimmung der Schattengrenzen, wofür die Achse 
vertikal gedacht sein mag, steht zunächst das allgemeine 
Verfahren für gekrümmte Flächen zur Verfügung, und 
zw r ar gestaltet es sich wie folgt: 
Man zeichnet im Grundriss eine genügende Zahl der 
zuvor genannten konzentrischen Schraubenlinien, indem 
man den beweglichen Kreis in 6, 8 oder 12 gleiche Teile 
teilt und die einander entsprechenden Teilpunkte der ver 
schiedenen Lagen verbindet. Dabei ist zu beachten, dass 
die elliptischen Grundrisse aller Lagen des beweglichen 
Kreises kongruent und mit der grossen Achse gegen den 
Mittelpunkt gerichtet sind. Das Achsenverhältnis dieser 
Fllipsen ergiebt sich, indem man (Figuren 71a und 71b) 
eine Lage des beweglichen Kreises so annimmt, dass er 
sich im Aufriss als gerade Linie a‘ b‘ projiziert, das heisst 
an einem Punkt, in welchem die schraubenlinienförmige 
Röhrenachse eine Tangente parallel zur Vertikalebene hat. 
Ist aus diesem Aufriss die erste Grundrissellipse abgeleitet, 
so legt man durch deren Punkte konzentrische Kreise; 
diese stellen die Grundrisse jener Schraubenlinien dar.
	        
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