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Noch schlimmer wirkt dieser Uebelstand bei der zweiten Me
thode wegen der dabei nothwendigen Ueberexposition des Mondes.
Um ein deutliches Bild des Sternes zu erhalten, exponirte
Dr. Schlichter 15 bis 20 Secunden. Dann ist der Mond über-
exponirt, und sein Rand ganz unbestimmt und unbestimmbar. Der
Mond macht in Folge der täglichen Bewegung der Erde in einer
Zeitsecunde rund 15 Bogensecunden, müsste also in Y 15 Zeit-
secunde ein vollständig scharfes Randbild liefern, wenn eine Lagen
bestimmung dieses Randes auf eine Bogensecunde möglich sein
soll. Dann ist er aber bei 15 bis 20 Secunden Exposition weit
überexponirt, und trotzdem will Dr. Schlichter die Lage des
Mondrandes bis auf eine Bogensecunde genau bestimmt haben!
Ich erhielt unter den angegebenen Umständen nur ganz unscharfe
Mondränder, bei denen eine genauere Abmessung unmöglich war.
Um scharfe Mondränder zu erzielen, versuchte ich zunächst
Daueraufnahmen, wie solche bei der Stellarphotographie in der
Astronomie gebräuchlich sind. Die Dauer betrug, je nach der
Helligkeit des Vergleichssternes, 10 bis 30 Secunden. Das Fernrohr
wurde auf einen scharf markirten Mondkrater eingestellt und
während der Exposition mit Hülfe der Mikrometerschrauben auf
ihn gehalten. Kleinere Schwankungen sind hierbei schwer zu ver
meiden , und es gelang mir nicht, in dieser Weise hinreichend
scharf begrenzte Mondbilder zu erhalten. Hingegen waren die
gleichzeitig erhaltenen Sternbildchen runde Scheibchen, welche sich
genau bisectiren lassen.
Die Schwankungen beim Nachführen mit den Mikrometer
bewegungen des Horizontal- und des Verticalkreises hatten im
Allgemeinen nach allen Richtungen in gleicher Weise stattgefunden
und daher die Sternbildchen gleichmässig vergrössert. Die Mitte
dieser Bilder war am dunkelsten, weil um sie alle Schwankungen
stattgefunden hatten, und liessen sich gut und genau einstellen.
Dies führte mich auf den Gedanken, den Mondrand ganz aus
den Messungen zu eliminiren, weil, abgesehen vom Vollmonde, die
Schwankungen auf das erzeugte Mondbild nur einseitig wirken.
Die optische Axe des Fernrohres und die optisch-photographische
Axe der Camera sind beim Phototheodoliten parallel gerichtet.
Sollte dies auch nicht ganz genau der Fall sein, bei einer Ein
stellung des Fernrohres auf denselben Punkt wird das Bild dieses
Punktes doch immer auf dieselbe Stelle der lichtempfindlichen
Platte fallen, so lange Fernrohr und Camera in ihrer gegenseitigen
Lage keine Veränderung erfahren. Stellt man nun im Fernrohre
das Fadenkreuz auf den zunächst ruhend gedachten Mond so ein,
dass der eine Faden durch die Mondmitte und den Stern geht —
durch Drehen des Fernrohres um seine Längsaxe und Benutzung