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Auch die Beschränktheit des Absatzgebietes für die Erzeug
nisse der Gewerbthätigkeit verhinderte ein greiseres Wachs
thum der Städte. Sie konnten früher nur dort, wo durch
Wasserstrafsen gute natürliche Verkehrsverbindungen ge
geben waren, zu einer greiseren Ausdehnung und Bliithe
gelangen.
Mit der Vervollkommnung der Verkehrsmittel gestalteten
sich die Verhältnisse zwischen Stadt und Land vollständig
umgekehrt. Die jetzt nicht mehr von dem örtlichen Ernte-
ausfalle abhängigen, sondern auf dem Weltmarkte in gleich
mäßigerer Höhe sich haltenden Preise der Bodenerzeugnisse
sichern der städtischen Bevölkerung einen geregelteren
Lebensunterhalt, während das Wohlergehen der ländlichen
Bevölkerung von dem wechselnden Ernteergebnisse ab
hängig wird. Eine Masseneinwanderung der Landbevölkerung
in die Städte, welche bei der Erweiterung der Gewerbe-
thätigkeit den Zuzug neuer Arbeitskräfte begünstigen, war
die Folge dieser Zustände. Die hierdurch entstehende
noch durch Auswanderung in das Ausland zunehmende
Verdünnung der Bevölkerung des flachen Landes wird für
die Landwirtschaft in erhöhtem Malse die Einführung des
Maschinenbetriebes nöthig machen und das Verschwinden
des kleinen Grundbesitzes beschleunigen.
Das Wachsthum der Städte führt unstreitig zu einem
rascheren Gange der Kulturentwicklung, veranlafst die
Ausführung der umfassendsten Einrichtungen zur Förderung
der Gesundheit, Bequemlichkeit und Annehmlichkeit, wirkt
in lebhaftester Weise fördernd auf alle Zweige der Kunst
und Wissenschaft. Aber die mit der Verdichtung der
Bevölkerung zunehmende Heftigkeit des Kampfes um das
Dasein, die aus der Hast zu erwerben und aus der Sucht
zu genießen entstehende, bis zu Ueberreizung. Lastern und