Kongruenz und Messung.
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Beweis des ersten Kongruenzsatzes für das Dreieck, der vierten
Proposition im ersten Buche, bestärkt. Bei der Wichtigkeit dieser
Stelle glaube ich sie im Urtext mitteilen zu sollen; sie lautet:
E^agfio^o^evov xov ABE xgiycovov sju to AEZ xgiycovov
xal xi&sfisvov xov fiev Ä Or/fisiov sjiI xd A Orjfiüov, xfjg öh AB
ev&eiag kjtl xf/v AE, i(pag[i6osi xal xb B Oiyxeiov kjtl xb E öiä
xö lorjv sivai x?]v AB xfj AE x. X.
Euklid giebt also dem Dreieck A BE eine andere Lage und
setzt voraus, dafs sich dadurch die Gröfse der Seiten, der Winkel
und des Inhalts nicht ändert. Er gebraucht das Wort xifrevat,
will also eine wirkliche Bewegung vornehmen und bestimmt die
neue Lage, welche durch die Bewegung erhalten wird, dadurch,
dafs 1. der Punkt A auf A, 2. die Gerade AB in die Richtung
AE und 3. das Dreieck ABE auf AEZ fällt.
Auch an einigen anderen Stellen wird die Bewegung benutzt;
so wird im Beweise der 24, Proposition des dritten Buches ein
Kreis und zuweilen in den letzten Büchern ein Körper bewegt.
2. Hiermit dürften alle diejenigen Fälle erschöpft sein, an
denen Euklid die Bewegung ausdrücklich erwähnt; es könnte also
scheinen, als ob sie in Euklids System nur von untergeordneter
Bedeutung wäre. Ganz anders aber wird unser Urteil lauten,
wenn wir die Rolle beachten, die die angeführten Sätze in den
Elementen spielen. Aus dem ersten Kongruenzsatze werden die
übrigen Bedingungen für die Kongruenz von Dreiecken hergeleitet.
Diese Sätze dienen alsdann dazu, die Lehre von den parallelen
Linien zu begründen; auch im weiteren Verlaufe des Werkes, bei
der Lehre vom Parallelogramm, vom Kreise, selbst in der Stereo
metrie, wird die Kongruenz der Dreiecke aufserordentlich oft
angewandt. Wollte man aus Euklids Elementen alle Sätze weg
lassen, deren Beweise entweder direkt oder durch Zwischenstufen
den ersten Kongruenzsatz benutzen, so würde kaum etwas übrig
bleiben. Nun stützt sich dieser Satz in seinem Beweise auf die
Bewegung; also ist bei Euklid die Bewegung eine wesentliche
Grundlage der Geometrie. Denn die Bedeutung eines Begriffes
hängt nicht davon ab, ob derselbe in vielen Fällen mit klaren
Worten angeführt wird, sondern ob er, wenn auch nur indirekt,
einen wesentlichen Bestandteil der Beweise ausmacht.
3. Auch die übrigen griechischen Mathematiker haben keines-
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