Kongruenz und Messung.
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man die Sprache der Geometrie nur als kurze Bezeichnung für
gewisse Formeln benutzt.)
Natürlicher ist eine andere Methode, die auch wir im dritten
Abschnitt eingeschlagen haben. Gewisse Differential-Ausdrücke
stehen mit dem Ausdruck für das Linienelement in organischem
Zusammenhänge; ihnen allen mufs also auch eine von der ana
lytischen Darstellung unabhängige Bedeutung zukommen, sie dürfen
geradezu mit geometrischen Gebilden identifiziert werden. Bei
gewissen Formen, die wir für das Linienelement aufstellen können,
giebt es Scharen von Transformationen, bei denen jener Aus
druck ungeändert bleibt; alle diese Transformationen lassen aber
noch weitere Ausdrücke ungeändert; demnach hält man sich für
berechtigt, auch mit den neuen Formeln einen geometrischen
Begriff zu verbinden. Aber auch hier geht man über das Linien
element hinaus; man betrachtet die Transformationen als das Ur
sprüngliche und stellt den Ausdruck für das Linienelement mit
anderen Ausdrücken auf dieselbe Stufe. Dadurch verläfst man
den von Riemann vorgezeichneten Weg und nähert sich der
jenigen Methode, bei welcher die Bewegung zur Grundlage ge
macht wird.
4. Wäre der Grundgedanke der Riemannschen Arbeit richtig,
wäre der Ausdruck für das Linienelement wirklich das Charakte
ristische für jede Raumform, so müfste die bei der Darstellung
dieses Ausdrucks benutzte Zahl m das erste und wichtigste Unter
scheidungsmerkmal der Raumformen abgeben, wobei vorausgesetzt
wird, dafs die m te Potenz des Linienelementes als homogene
Form mten Grades in den Differentialen der Variabein sei. Indem
man versucht, für irgend ein gerades m die weiteren Entwick
lungen durchzuführen, mufs man unterscheiden zwischen den
jenigen Folgerungen, welche aus dem aufgestellten Begriff in voller
Strenge hergeleitet werden, und denjenigen Sätzen, welche erst
nach Einführung neuer Begriffe gewonnen werden können. Wird
das Quadrat des Linienelementes durch einen Differential-Ausdruck
zweiten Grades dargestellt, so giebt die Geometrie selbst An
leitung, wie man die neuen Begriffe einführen müsse; dagegen
wird bei höheren Potenzen die Willkür gröfser sein. Demnach
scheint es geboten, sich auf diejenigen Sätze zu beschränken, zu
deren Herleitung man nur das Linienelement zu benutzen hat.