Gelegenheit geboten war, auf diesem Felde mathematischen Schaffens und
Forschens mit zu wetteifern. Denn hier gilt es nicht wie in der reinen
Mathematik, den Einblick in die Eigenschaften der Zahlen und der Räume
durch neue Anschauungen und Gedanken zu vertiefen, sondern mittelst
schwieriger und kostspieliger und ebendeshalb nur mit öffentlichen Mitteln
auszuführenden Messungen die nötigen Stücke zu beschaffen, um daraus
die Gestalt und Grösse der Erde zuverlässig zu berechnen.
In Deutschland war es Bayern, das zuerst geodätische Arbeiten von
wissenschaftlicher Bedeutung ausführen liess und dadurch für die übrigen
Bundesstaaten ein massgebendes Vorbild wurde. Als nämlich Kurfürst
Maximilian Joseph, gleich nachdem er die Zügel der Regierung ergriffen
hatte, im Sturme der kriegerischen Ereignisse und durch dieselben ver
anlasst, ein topographisches Bureau zum Zweck einer allgemeinen Landes
aufnahme zu errichten befahl, ein Institut, aus dem im Verlaufe der Zeit
der bekannte wertvolle Atlas von Bayern hervorging, blieb er hiebei
nicht stehen, sondern ordnete auf Betrieb seines eben wieder in den
Staatsdienst getretenen und für die Entfaltung des Nationalwohlstands
so ungemein thätigen Geheimreferendärs Joseph v. Utzschneider auch noch
zum Behufe einer systematischen und gerechten Grundsteuerverteilung
die Ausführung einer Parzellarvermessung des ganzen Landes an, die
vermöge ihres grossen Massstabs gestattete, den Flächeninhalt jedes ein
zelnen Grundstücks aus den Originalplänen zu berechnen und damit den
einen wichtigen Faktor der Steueranlage zu liefern.
Während diese Spezialvermessung im Anschlüsse an die seit 1801 im
Gange befindliche topographische Landesaufnahme von einer besonderen
„Steuervermessungskommission“ besorgt wurde, hatte sich eine andere
Behörde, die „Steuerrektifikationskommission“, mit der Feststellung des
zweiten nicht minder wichtigen Faktors der Besteuerung, der Ein Wertung
der Grundstücke nach ihrer natürlichen Bodengüte, zu beschäftigen. Beide
Kommissionen wurden nach dreijähriger gesonderter Wirksamkeit in eine
einzige, die „Unmittelbare Königliche Steuerkatasterkommission“ zusam-
mengefasst, deren leitender Vorstand und referierender Vertreter im Staats
ministerium der Finanzen derselbe Joseph v. Utzschneider blieb, der die
Spezialkommissionen ins Leben gerufen und als Ministerialreferent zugleich
verwaltet hatte. Mit der vollen Kraft seines Ansehens und Willens arbeitete