Full text: Das Verebnen der Kugeloberfläche für Gradnetzentwürfe

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stand von uns ihrem sphärischen Abstande vom Pol oder ihrer Pol- 
distanz gleich und jeder Punkt in seiner Meridianebene blieb. Es liefs 
sich das leicht veranschaulichen, indem wir einen Faden vom Pole 
aus bis zum fraglichen Punkte auf der Kugeloberfläche legten, ihn 
dann am Pole festhielten, aber seiner Länge nach von der Kugelober 
fläche ablösten und in der Berührungsebene nach seiner Richtung aus 
spannten. Offenbar wurde dadurch der Flächenraum der Kugelhaube, 
die wir bis zur Halbkugel ausdehnten, in der Ebene ein gröfserer, als 
auf der Kugeloberfläche; da aber die Abstände aller Punkte von der 
Mitte des Bildes aus dieselben blieben wie auf der Kugeloberfläche, so 
war die so entstandene Karte mit ihrem Gradnetze eine speichentreue. 
§ 11. Aber die Begrenzungslinie, der Reif der so erhaltenen 
Radkarte entsprach nicht der Gröfse des Breitenparallels auf der 
Kugeloberfläche. Für die Halbkugel z. B. war der Reif in der Bild 
ebene mit einem Meridianquadranten als Halbmesser beschrieben, 
während doch sein wirklicher geradliniger Halbmesser der des Äqua 
tors d. h. der Kugelhalbmesser war. Und ebenso war es mit den 
Breitenparallelen. Während sie auf der speichen treuen Karte mit 
ihrem sphärischen Halbmesser beschrieben wurden, war ihr geradliniger 
Halbmesser der Sinus der Poldistanz oder der Cosinus der Breite. 
Wollten wir sie also in ihrer wirklichen Gröfse auf die Bildebene 
niederlegen, so mufsten wir sie mit dem Sinus der Poldistanz beschrei 
ben und erhielten auf diese Weise einen reifentreuen Entwurf des 
Gradnetzes. 
§ 12. Um die Abbildungsweise geometrisch zu veranschaulichen 
legten wir durch den unseren Standpunkt bedeutenden Punkt A eine 
wagerechte Linie und teilten auf ihr von A aus nach beiden Seiten 
90 gleiche Teile ab, von denen jeder einem Grade des Meridianqua 
dranten entsprach. Im Punkte A errichteten wir das Lot A M und 
gaben diesem eine Länge von 57,3 jener Teile; wir erhielten dadurch 
den Kugelhalbmesser, weil ja die Lineargröfse des Bogens von 57,3 0 
(genauer 180° : 7C = 57,29578, dessen log = 1,7581226 ist) dem Halb 
messer gleich ist. Beschrieben wir dann mit MA um M einen Kreis, 
so war dies ein Meridianschnitt der Kugeloberfläche, und die Linien 
AB oder AC so grofs wie die Meridianquadranten AD und AE. 
Dann erhielten wir die geradlinigen oder wahren Halbmesser der Reifen 
oder jedesmaligen Begrenzungslinie unseres Gesichtsfeldes durch die 
auf den Kugelhalbmesser MA gefällten Lote als die Sinus der Pol 
distanzen. Übertrugen wir sie auf die durch A rechtwinklig gegen 
die Erdachse AM gelegte Berührungsebene, so erhielten wir das Bild 
der Kugeloberfläche, wie sie dem Beobachter, dessen Standpunkt so 
hoch über dem Erdpole gedacht wird, dafs seine Gesichtslinien als
	        
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