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gangen, dafs sich der Standort des Beobachters im Pol befinde, denn
für diesen fallen die Sehstrahlen mit den Meridianen zusammen, ist
der Begrenzungskreis der das Gesichtsfeld bildenden Kugelhaube ein
Breitenparallel und dessen sphärischer Halbmesser die Poldistanz,
während der geradlinige Halbmesser in der Bildebene, dem jedesmaligen
Zwecke der Karte entsprechend, nach einem bestimmten mathematischen
Gesetze zunimmt. Für die Wirklichkeit ist natürlich der Standort
im Pol ausgeschlossen, aber es steht nichts im Wege, die vorstehende
Betrachtung auf jeden anderen Punkt der Erdoberfläche zu übertragen.
Wir brauchen in diesem Falle die Kugel nur mit einem zweiten Grad
netze zu überziehen, wie es am Himmel, wo ja unserem Standpunkte
das Zenith entspricht, von den Scheitelkreisen und den Höhenparalle
len gebildet wird. Die von unserem Standpunkte aus nach den ver
schiedenen Punkten der Erdoberfläche gerichteten Sehstrahlen sind
Hauptbogen, wie sie vom Zenith aus nach den Gestirnen gezogen
werden; die Begrenzungslinien der unser Gesichtsfeld bildenden Kugel
hauben sind auf der Erdoberfläche dasselbe, was die Höhenparallele
am Himmel sind, und die Winkel zwischen den Sehstrahlen entsprechen
den Azimuthaiunterschieden zwischen den Vertikalen am Zenith.
§ 26. Um die Sache geometrisch zu veranschaulichen benutzten
wir einen vollständig ausgestatteten, mit einem Horizontringe ver
sehenen Erdglobus, stellten am Meridianringe die Erdachse auf die
Polhöhe ein, brachten unseren Standort durch Drehung des Globus
an den Meridianring und machten ihn so zum Zenithalpunkte. Der
Abstand irgend eines anderen Punktes von uns ergab sich dann leicht,
wenn wir einen Faden von unserem Standpunkte aus nach dem frag
lichen Punkte, in unserem Falle einem Netzknoten des Gradnetzes,
ausspannten, ihn ablösten und am eingeteilten Äquator nach Graden
und Minuten abmafsen. Dann verlängerten wir den wieder durch
beide Punkte gelegten Faden bis zum eingeteilten Horizontring und
konnten daran unmittelbar die Kompafsrichtung oder das Azimuth
unseres Sehstrahles ablesen. Nicht die Perspektive, sondern der auf
dem Globus ausgespannte Faden mufs die Richtschnur zur Einführung
des Anfängers in die Lehre von den Gradnetzentwürfen bilden.
§ 27. Selbstverständlich ist diesem Verfahren, wenn es auf Ge
nauigkeit ankommt, die Rechnung vorzuziehen, und dann sind zwei
Fälle zu unterscheiden, der einfachere, wo sich der Standort auf dem
Äquator, und der weniger einfache, wo sich der Standort zwischen
dem Pole und dem Äquator befindet. Im Folgenden habe ich solche
Formeln gegeben, wo man das gesuchte Stück durch die trigono
metrische Tangente findet, weil dann vierstellige Logarithmen genügen,