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zu gelegen, und so konnte er, ohne gerade die Unwahrheit zu sagen,
von einer projection appelée de De l’Isle, einer projection appelée de
Bonne, einer projection appelée de Sanson sprechen. Sein Kommentator
Germain ist ihm natürlich darin gefolgt, vergifst aber nicht bei der
sinuslinigen hinzuzufügen improprement dite de Flamsteed, während
er doch von ihr ebenso gut hätte sagen können improprement dite
de Sanson und von der anderen improprement dite de Bonne. Es ist
dieser Unfug in der Namengebung der Projektionen nicht der einzige,
den Mayer durch seine Unbekanntschaft mit der Geschichte der Wissen
schaft angerichtet hat. Von ihm ist auch die falsche Angabe des
Franzosen Dupain, dafs die in der Geodäsie so wichtige Aufgabe der
vier Punkte von Pothenot herrühre, unter die deutschen Landmesser
verbreitet, während sie doch von Snellius, dem ersten wissenschaft
lichen Geodäten, auch zuerst angewendet ist und folglich auch dessen
Namen tragen sollte. Es ist eine schreiende Ungerechtigkeit unserer
deutschen Gelehrten, dafs sie noch immer nicht dem die Ehre geben,
dem sie gebührt, und es scheint fast, als ob die Geschichte der Wissen
schaft für sie nicht vorhanden ist. Weil D’Avezac den Irrtum be
gangen hat, die speichentreue Polarprojektion seinem Landsmanne
Postei zuzuschreiben, so müssen wir jetzt von einem Postelschen Grad-
netzentwurfe hören, trotzdem dieser, wie ich in § 23 nachgewiesen
habe, schon früher von Mercator auf seiner berühmten Weltkarte und
noch weit früher von Giovanni Vespucci benutzt war. Es ist schreien
der Undank gegen unsern Landsmann Lambert, der keineswegs, wie
D’Avezac sagt, Français de nom et d’origine war, wenn man die zu
erst von ihm vorgeschlagenen und nach ihrem Werte erkannten Pro
jektionen nach Cagnoli oder Lorgna oder Lagrange oder Gaufs be
nennt. Wenn der letztere in seiner berühmten Abhandlung über
winkeltreue Abbildung seine allgemeinen Formeln auf besondere Fälle
z. B. auch auf die von Lambert herrührende und von Harding zu
seinen Sternkarten benutzte Projektion anwendet und dabei äufsert,
dafs sie für diesen Zweck ganz geeignet sei, da ist es doch unbe
greiflich, dafs die Petersburger Akademie der Wissenschaften auf ihrer
grofsen Karte von Rufsland sie als Gaufsische bezeichnet. Gaufs selbst
hat sie nie gebraucht, wohl aber für die Kartierung seiner Gradmessung
die quersäulig winkeltreue Lamberts benutzt; dieser hätten sich auch,
nebenbei gesagt, die Amerikaner für ihre Küstenvermessung statt der
ganz wertlosen polykonischen Projektion bedienen sollen, aber sie mufs
ihnen nicht bekannt gewesen sein. Gerade für den Zweck, den sie
bei ihrer polykonischen Projektion im Auge hatten, wie überhaupt
für Länder, die ihre gröfste Erstreckung in meridionaler Richtung
haben, wie für Chile oder Ägypten, verdient sie den Vorzug vor allen