Full text: Das Verebnen der Kugeloberfläche für Gradnetzentwürfe

67 
mafsen den loxodromischen Karten anschmiegen; aber gebaut sind sie 
auch nach diesem nicht. Sie bilden unter allen Kartenprojektionen 
ein besonderes System für sich. Ich kann mich an diesem Orte nicht 
weiter auf die Streitfrage einlassen und mufs auf meine Arbeit im 
2. Bande der Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie verweisen. 
Nur eine andere sonderbare Äufserung Nordenskiölds möchte ich noch 
mit zwei Worten besprechen. Wenn er es auf S. 131 Anm. für un 
passend erklärt, den Namen Mercators ins Deutsche zu übersetzen, so 
heifst das denn doch die Sache auf den Kopf stellen. Mercator ist 
ja die lateinische Lbersetzuug des ursprünglich deutschen Familien 
namens, und warum sollte man nicht feststellen, wie dieser eigentlich 
gelautet hat, um so mehr als es galt, hierbei einen Irrtum zu berich 
tigen? D’Avezac, wie andere mit ihm, betrachtete es als selbstver 
ständlich, dafs der zufällige Geburtsort eines Mannes nicht dessen 
Nationalität bestimmen kann; er bezeichnete Mercator deshalb als 
geographe allemand und nannte ihn Gerhard Kaufmann, während sich 
aus dem Archive der Stadt Duisburg ergeben hat, dafs der deutsche 
Name der Familie Kremer gewesen ist. Aber ebensowenig wie man 
Schwarzert für Melanchthon gebraucht, ebensowenig ist es jemandem 
eingefallen oder wird es jemandem einfallen, statt des Namens Mer 
cator den Namen Kremer einführen zu wollen. Nordenskiöld braucht 
sich deshalb nicht zu beunruhigen. 
Ich glaube nicht schliefsen zu dürfen, ohne mich wegen der von 
mir gebrauchten deutschen Ausdrücke zu rechtfertigen. Ich stehe als 
Lehrer erwachsenen jungen Leuten gegenüber, die ihrer Mehrzahl 
nach aus der Volksschule hervorgegangen, also nicht gelehrt verbildet 
sind, und es ist nun einmal nicht anders: für den schlichten Mann 
hat ein Fremdwort immer etwas Geheimnisvolles. Er hat die ganz 
richtige Ansicht, dafs sich ein einfacher, jedem zugänglicher Begriff 
doch auch in deutscher Sprache ausdrücken lassen mufs, und dafs es 
nicht zu loben ist, wenn man dafür ein Wort aus der Fremde holt. 
Der deutsche Seemann, der immer nur von Breitenunterschied, Längen 
unterschied, Zeitunterschied, Zwischenzeit spricht, versteht nicht, wes 
halb die gelehrten Herren dafür die Bastardworte Breitendififerenz, 
Längendifferenz, Zeitdififerenz, Zeitintervall gebrauchen; er begreift 
nicht, warum das gute deutsche Wort Verunstaltung durch Deforma 
tion ersetzt werden soll. Wenn unsere gelehrten Herrn mehr Fühlung 
mit dem gemeinen Mann hätten, so würden sie wissen, dafs es für 
diesen geradezu ein Bedürfnis ist, für eine einfache Vorstellung auch 
ein einfaches deutsches Wort zu haben. Darüber, dafs solche Be 
griffe, die nicht im Bewufstsein des schlichten Mannes vorhanden, 
sondern erst durch die Wissenschaft geschaffen und deshalb international 
5*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.