Full text: Deutsche Baumeister

und noch wie von merowingischer Ungezähmtheit erfüllt, aber auch 
schon ein Mensch feiner Sitte, heiter und klug, würdig des Bei- 
namens David, den seine Tischgenossen ihm verliehen hatten, ein 
männlicher Mann, der Musik, Dichtung, Kunst, schöne Form und 
edle Bildung um so mehr liebte, als er sich alles autodidaktisch 
hatte erwerben müssen, der freieste Geist seines großen Reiches, ein 
guter Freund und ein schlimmer Feind, eine Persönlichkeit, die eine 
Synthese in sich trug und darum kühn sein konnte, ein Herrscher 
mit der Naivität eines Künstlers. Als dieser kaiserliche Bauherr un- 
bekümmert aus Orient und Okzident nahm, was das neue Reich 
brauchte, kam er einem Trieb des deutschen Wesens entgegen, der 
in der Folge ihrer Geschichte das Gepräge gegeben hat. Dieser 
Trieb äußert sich als ein Dualismus, der gleich heftig das Eigene 
und das Fremde, das Nahe und das Ferne will. Als der Kaiser die 
nachkonstantinische frühchristliche Kunst aus Norditalien an den 
Rhein brachte, tat er auch psychologisch das Erfolgreiche. Sein 
Verfahren ist eine Renaissance genannt worden, doch läßt es sich 
besser als ein Verpflanzen bezeichnen. Karl gründete in dem zu 
großen Teilen noch heidnischen Reich eine Akademie, deren Leiter 
und Inspirator er selbst war. In ihr war ein Klostergedanke, sie 
hatte etwas von einer Tafelrunde, und es war darin ein Nachklang 
hellenistischer Akademien. Der Kaiser versammelte die Begab- 
testen, Gebildetsten und Freiesten seines Reiches zu gegenseitiger 
Befruchtung. Diese karolingische Akademie, die zur Keimzelle wur- 
de, läßt an jene deutschen Akademien denken, die nach dem Drei- 
Bigjährigen Kriege gegründet wurden, als Deutschland bitter arm 
geworden war an Künstlern, Gelehrten und Handwerkern, als das 
fremde Vorbild wieder einmal zur Belebung und Erziehung dienen 
mußte. Es ist bezeichnend, daß damals unter den Barockbaumeistern 
die Gestalt des Hofmanns, des Kavalierarchitekten aufgekommen 
ist — eine Persönlichkeit, die in ihrem Beruf ein gut Teil Liebhaber 
war, die mit dem Baumeisterberuf auch den des Technikers und 
Festungsingenieurs vereinigte, die sogar teilnahm an der Politik 
und den Staatsgeschäften, und die dem Fürsten nicht nur dienstlich, 
sondern auch freundschaftlich verbunden war. Einige Züge dieses 
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