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Geschichtliche Einleitung.
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die Landwirtschaft nicht ohne Folgen geblieben und sind namentlich der Zucker-
Industrie zu Gute gekommen. Auch hier steht der Kreis Calbe mit oben an.
Reiche Braunkohlengruben liefern den Bedarf an Feuerungsmaterial für die zahl-
reichen Fabriken und für die Privaten. Brauereien; Brennereien, Ziegeleien,
Cichoriendarren finden sich zahlreich und sind oft in grossartigem Maassstabe
angelegt. Von anderen Industriezweigen verdient noch die Wollwaarenfabrikation
in Calbe Erwähnung, welche dort schwungvoll in mehreren Fabriken betrieben
wird, und die Fabrikation von Chemikalien, welche in enger Verbindung mit den
Salzwerken steht.
Für Verkehrsstrassen ist in letzter Zeit besonders viel geschehen durch
den Bau von Chausseen zwischen den einzelnen Ortschaften. Ausserdem schneiden
die grosse Magdeburg-Leipziger Chaussee und drei Eisenbahnen den Kreis, und
lie Wasserstrassen erleichtern den Verkehr wesentlich.
So kann man denn mit Recht behaupten, dass der Kreis Calbe sich eines
ziemlichen Wohlstandes erfreut, dass Armut und Dürftigkeit nur vereinzelt vor-
kommen, wenn auch durch die grosse Zahl von Fabriken in den Städten ein
starkes Proletariat sich gebildet hat. Dieser Wohlstand zeigt sich besonders in
dem westlichen Theile des Kreises in dem stattlichen, städtischen Aussehen der
grossen Dörfer; nur vereinzelt kommen dort noch Strohdächer vor, überall ist
Ziegelbedachung eingeführt, Schiefer aber fast nur bei Kirchendächern angewendet.
Der Wohlstand des Kreises zeigt sich aber auch in dem steten, oft ziemlich
schnellen Wachstum der Bevölkerung selbst in solchen Orten, in welchen keine
ausserordentlichen Verhältnisse (wie in Stassfurt) neue Bewohner in Menge her-
beiziehen.
Der Kreis Calbe besteht aus 6 Städten (Calbe, Aken, Stassfurt, Barby, Salze
Schönebeck), 2 Flecken (Frohse und Gnadau), 41 Dörfern, 18 einzelnen Gütern,
Vorwerken etc. und 8 königlichen Domänen.
Die Saale, welche den Kreis teilt, schied in alter Zeit zugleich Deutsche
und Wenden. Allerdings zeigt noch das Vorkommen vieler slavischer Namen auf
dem linken Saalufer (besonders die Wüstungen haben slavische Namen), dass
auch hier einst Slaven gesessen haben, aber sie sind doch schon früh von den
Deutschen verdrängt worden oder in ihnen aufgegangen. Anders ist es auf dem
rechten Ufer, wo sich deutsche Ortsnamen nur ganz vereinzelt finden (Rosenburg,
Breitenhagen). In diese Gegenden drangen die Deutschen erst im 12. Jahrh. vor
(Gründung von Gottesgnaden), hatten aber doch nicht die Kraft, die wendischen
Namen zu verdrängen, wenn sie auch manchen derselben sich nach ihrer Sprache
zurecht gelegt haben werden. (Maxdorf.)
In kirchlicher Beziehung stand das Gebiet des Kreises Calbe unter dem Erz-
stift Magdeburg und zwar unter dem Archidiaconus des Bannes Calbe, im Westen
auch unter dem des Bannes Alten- Weddingen. Von Mönchsorden gab es
Prämonstratenser in Gottesgnaden, Franziskaner und Dominikaner in Barby und
Augustiner in Aken, ausserdem hier eine Commende des Deutschen Ritterordens.
Zwischen 1540 und 1550 wurde die Reformation eingeführt. Im 17. Jahrhundert
wanderten reformierte Pfälzer und Franzosen besonders in Calbe ein, Herrenhuter
haben die Colonie Gnadau inne, Katholiken und Juden sind nur vereinzelt.
Gegenwärtig ist der Kreis in 2 Diöcesen, Calbe und Atzendorf, getheilt.