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A. Rechtsquelle. Rom. R. §. 2.
Annahme muß deßhalb als ungegründet bezeichnet werden,
weil die beiden obigen Regeln sich nicht aus die Unzuläs
sigkeit einer aestirnatio überhaupt, sondern ausschließlich
— und mit Ausscheidung der aeKirnatio poenae —
auf die Unzulässigkeit einer aestirnatio „damui“, d. i. des
jenigen Gegenstandes sich beziehen, der bei den betref
fenden Klagen, bei welchen die obigen Regeln ausgestellt
sind, die Voraussetzung der Klage bildet.
Der Sinn der Regeln ist nämlich folgender: Wird
das Glied eines Sklaven oder Thieres verletzt, so wird
der Werth der letzteren vor der Verletzung und der nach
der Verletzung sich ergebende Werth geschätzt; die Verglei
chung beider ergibt alsdann den Geldanschlag des Scha
dens, der durch die Verletzung angestellt wurde. Eine
gleiche Schätzung behufs Ermittlung des durch die Ver
letzung herbeigeführten Vermögensschadens ist bei freien
Menschen unthunlich, und es kann hier nicht von dem
Werthe der fehlerfreien Menschen der Werth des verstüm
melten abgezogen werden. Deßhalb entscheiden die rö
mischen Juristen für die Unstatthaftigkeit einzelner „reiper-
secutoriae oder mixtae“ actiones bei Körperverletzungen
aus dem obengenannten Grunde: „quia liberum corpus
nullam recipit aestimationem“. —
Damit wird sonach keineswegs ausgesprochen, daß im
Falle einer Körperverletzung eines Freien überhaupt keine
aestirnatio eintreten sollte; auch wenn die Römer den
§. 681 Sinnt. 1 in fine, — Arndts Pand. §.324 Anm. 2. —
v. Elterlein N. Jahrb. f. sächs. Strafr. 11, S. 126 u. andere. —
Bereits C arpzo v (pract. rer. crim. p. II quaest. 99 num 29)
indessen hat diese Annahme zu bekämpfen versucht.