160 B. Kritik des heut. Bestehens. Gesetzgebung. §. 12.
Rechts. Nach den Grundsätzen des heutigen öffentlichen
Rechts ist die Befugniß, die öffentlichen Rechtsverletzungen
zu bestrafen, ein ausschließliches, wesentliches Hoheitsrecht
des Staates d. i. die Criminaljustizhoheit des letztern').
Wird dessenungeachtet die Strafe ausschließlich oder theil-
weise den Privaten überlassen, so erscheint dieß ein Ein
griff in die staatlichen Rechte, (ähnlich, wie die weiter
ausgedehnte Schmälerung der Gerichtsbarkeit des Staates
durch Private in der sog. Patrimonialgerichtsbarkeit, dem
mittelalterlichen Blutbann u. s. w. bereits als unstatt
haft anerkannt wurde).
Auch die mit einer Aufhebung des Schmerzengeldes
verknüpften Vortheile empfehlen dieselbe. Das Ver
dienst dieses stagnircnden Rechtsinstituts ist nicht blos,
daß die Einheit und Consequenz unsres Rechtssystems
gestört wird, sondern das Rechtsmittel kann auch wegen
seines rein lukrativen Erfolges auf ganz ähnliche Weise,
wie die vor dem Civilrichter noch zugelassenen Privatpö
nalklagen wegen Injurien, von den Advoeaten als
Ausbeute und von den Parteien als Befriedigungsmittcl
einer unstatthaften Rache mißbraucht, und der Civil
richter mit zahlreichen Processen unnöthigerweise neben
der sonstigen Geschäftsüberhäufung überfluthet werden. —
Ein specielles Beispiel, wie die Schmerzengeldklagen zur
Erreichung des Strafzweckes überdieß geradezu untauglich,
die Gerichte aber auf völlig resultatlose Weise in Anspruch
genommen werden können, bieten die häufigen ge gen-
3) Zöpfl allg. u. d. Staatsrecht 8- 273, 2. — Bluntschli
allg. Staatör. S. 113.