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C. Natur der Klage. §. 14.
Selbstrache von der verletzten Partei selbst auszuübenden
Blut strafe geboten; und wie sehr jene im Mittelalter
eintretenden Nachtheile nach dem Maßstabe unsrer heuti
gen Begriffe als Strafe betrachtet werden müssen, beweist
eben auch der Umstand, daß an deren Stelle heutzutage
fast durchgehends Criminalstrasen eintreten 3 ). —
Es verstößt demnach die Auffassung der aus den mittel
alterlichen Compositionen abgeleiteten Schmerzengeldklage
als eine Ersatzklage gegen die Geschichte derselben.
II. Nichtbegründung durch die positiven Rechts-
qnellen nach dem Abschlüsse des Mittelalters. — Die
Begründung dieser modernen Klage wurde in der Neuzeit,
wie erwähnt, insbesondere aus art. 20 der CCC. und
einzelnen sächsischen Rechtsquellen, bes. den art. 140—142
des k. sächsischen Crim.-Gesetzbuchs von 1838 darzulegen
versucht. — Die letzteren Bestimmungen des sächsischen
Rechts kommen als eine Partiknlarrechtliche Quelle für das
gemeine Recht vorläufig nicht weiter in Betracht. Wie
wenig indessen jene sächsische (und erst heutzutage neuer
dings in das übrige Recht außerhalb Sachsens einzu
führende) Mißdeutung der alten Privatbußen in der Ca-
3) Daß im Uebergangöstaate (vgl. Heffter Crim.-R. §. 6)
Privat- und öffentliche Personen in die Strafe als compositio
und fredus, Buße und Wette, sich theilen, beweist natürlich ge
gen die Strasnatur der einzelnen Strafart nichts. — Ebensowenig
erbringen die Etymologien, die lediglich eine Auffassung der Com
positionen nach ihrer äußeren Erscheimlng (als pretium) beweisen,
einen Gegenbeweis gegen die obige Annahme; z. B. das Etymon
von Wergeld (ver — vir u. gilden) bei Grimm d. RechtSalterth.
p. 628—661. u. a.