D. Kasuistik. §. 22.
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Klagen des jus civile als perpetuae actiones ursprüng
lich gar keiner Verjährung unterworfen waren, während
die prätorischen großenteils wohl vom Anfange an in
1 Jahre erloschen 8 ); und wenn auch die spätere Zeit
seit Theodos. II die civilen Klagen ans 30 Jahre be
schränkte, so ist wenigstens die verhältnißmäßig kürzere
Verjährungsfrist der prätorischen Rechtsmittel noch immer
eine Folge ihrer singulären Rechtsqnelle.
Den gleichen Grund bestätigen überdieß noch be
stimmter die Institutionen Justinians durch die freilich
nicht vollständig zubilligende Interpolation in pr. J. 4,12:
nam et ipsius praetoris intra annurn 9 ) erat imperium;
insbesondere aber die classischen Juristen,
Paulus: — anno finitur (Publiciana), quia con
tra jus civile datur; 1. 35, D. O. et A. (44, 7);
— vgl. damit Ulpian: haec actio post annum non
datur, cum sit honoraria: 1.22 §. 6 D. de lib.
causa (40, 12) —
und endlich die römische Rechtsanschauung überhaupt. —
Die Römer gingen nämlich von der Anschauung aus, daß
8) Gajus IV §. HO.
9) Selbstverständlich ist diese historische Notiz Justinians nicht
in dem wörtlichen Sinne zu nehmen, indem sonst die am Schlüsse
des prälor. Amtsjahres vorgefallenen Rechtsverletzungen in wenigen
Tagen verjährt wären; dieselbe beabsichtigt vielmehr in dem Worte
annuum lediglich eine Hinweisung auf die Beschränktheit des Impe
rium des Prätors überhaupt, um aus derselben einen Grund für
die kürzere Verjährungsfrist zu folgern: Lebrader comm. p. inst,
h. 1: „annuum tempus potius ut breve—(electum) videtur“.—
Bezüglich der Unmöglichkeit einer wörtlichen Auslegung vgl. Arndts
Zeitschr. für Civilr. u. Proc. Bd. XIV S. 2 ff.