D. Casuistik. §. 23.
der römischen Rechtsregel, soweit die letztere singulär er
scheint, unabhängiges Rechtsmittel dasteht. Der ange-
sührte Grundsatz dürste im Einzelnen nicht blos in der
Zukunft zu der praktischen Consequenz zu führen haben,
daß die Bestimmungen der römischen Injurienklage inso
weit 'auf die Schmerzengeldklage unanwendbar sind, als
dieselben singulär erscheinen, sondern schon bisher hat die
selbstständige Behandlung unserer Klage zu einzelnen,
wenn auch mehr oder weniger unbewußten Konsequenzen
geführt: schon bisher wurden in der deutschen Juris
prudenz einzelne Rechtssätze der Schmerzengeldklage an
ders nvrmirt, als die betreffenden Bestimmungen der als
eine „verwandte" Klage anerkannten röm. injuriarum actio.
In diesen letztbezeichneten Fällen hat demnach die deutsche
Jurisprudenz bereits unbewußterweise einem Systeme des
heutigen gemeinen Rechts im Widersprüche mit dem Sy
steme des römischen Rechts gehuldigt! — Einige hier zu
bemerkende Fälle sind folgende:
1) Zweifelhaft ist vor allem die Frage über die Zu
lässigkeit einer Schmerzengeldklage wegen culposer Ver
letzungen. Eine Klage wegen culposer Injurien wird
im röm. R. nicht zugelassen 1 ); dessenungeachtet wurde
die deutschrechtliche Schmerzengeld klage bei culposer
Körperverletzung schon bisher — nicht blos von denje
nigen Juristen, welche die letztere unter die culpa legis
Aquiliae subsumirten, sondern auch von Juristen der
entgegengesetzten Ansicht — gestattet 2 ). Zur bestimm-