Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

Die Kartographie als Wissenschaft. 
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Vollkommenheit herauszugeben, Kartenwerke, die den andern Völkern erst zeigen 
mußten, wie ihr Land gestaltet ist. 1 Der Ausspruch E. v. Sydows, daß in Deutschland 
die Anwendung der Kartographie „auf die Herstellung der Atlanten aller Gattungen 
zur Unterstützung des wissenschaftlichen Studiums, des praktischen Gebrauchs und 
des Schulbedürfnisses viel zahlreicher und der neuem geographischen Schule ent 
sprechender ist wie in allen andern Ländern“ 1 2 bleibt heute noch zu recht bestehen. 
Stand Deutschland in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bereits quantitativ mit 
seinen Kartenerzeugnissen über den andern Staaten, so seit der Mitte des Jahrhunderts 
auch qualitativ. An unsern Stieler, Debes, Andree kann kein fremdes Werk bis jetzt 
heran. Aber selbst für das eigene Land eine so prächtige, bei einem Maßstab in 1: 500000 
so ungemein topographisch fein detailierte Karte wie die von C.Vogel zu schaffen, ist 
bisher noch keinem andern Volk in ähnlichem Maße gelungen. Reich sind die An 
regungen, die andere Völker von der deutschen Kartographie empfangen haben. Daß 
deutsche Karten den fremdländischen als Muster dienen, ist nichts Ungewöhnliches, und 
in der feinen Schraffentechnik und im wissenschaftlichen Aufbau werden sie selten er 
reicht, geschweige übertroffen. Ob Deutschland fürderhin die Führung in der Karto 
graphie behalten wird, werden die folgenden Jahrzehnte lehren. Bis jetzt können die 
Deutschen stolz darauf sein, daß es Deutschland dank seiner eminent wissenschaft 
lichen und praktischen Befähigung noch immer verstanden hat, sowohl an der Spitze 
der Fortschritte auf kartographischem Gebiete wie der Vertiefung geographischer Kennt 
nisse und der Vermehrung und Verbesserung von Hilfsmitteln der geographischen 
Wissenschaft zu stehen. 
Die österreichische Kartographie kann man sich ohne die mannigfaltigen 
Schraffenkarten des K. K. Militär-geographischen Institutes nicht denken. Heute 
noch möchte ich unterstreichen, was A. Petermann 1878 geurteilt hat: „Die öster 
reichischen Generalstabskarten sind von altersher in großem und noblem Stil zu 
geschnitten und in außerordentlich kräftiger Weise ausgeführt, es ist das einmal adop 
tierte System und die zum feststehenden Gebrauch gewordene Geschmacksrichtung.“ 3 
Die inoffizielle Kartenindustrie 4 fing mit den Arbeiten von Hauslab, Steinhäuser, 
Streffleur an, also mit den kolorierten Höhenschichtendarstellungen eine typische 
Richtung zu verfolgen, die jedoch über den engern österreichischen Kreis hinaus keine 
Bedeutung gewann. Vielleicht erblüht der farbigen Karte durch den Schlesier 
K. Peucker in Wien eine neue Ära. 
Die Schweizer Kartographie kommt der deutschen sehr nahe, weniger in den 
allgemeinen Kartenproduktionen als vielmehr in den topographischen Spezialkarten; 
vielleicht steht hierin die Schweiz an erster Stelle. Wenn Amrein sagt 5 , daß die eigen 
artigen Terrainverhältnisse der Schweiz der technischen Anlage und künstlerischen 
Ausführung ungleich schwierigere Aufgaben stellten als diejenigen der meisten anderer 
Länder, so kann man wohl dieser Aussage im ersten Punkt bezüglich der technischen 
1 Ich denke hier z. B. an die Vierblattkarte von Spanien, an die Karten von Süd- und Nord 
amerika in Stielers Handatlas. 
2 E. v. Sydow in P. M. 1857, S. 84. 
3 A. Petermann: Die Sonne im Dienste der Geographie und Kartographie. Der Sonnen- 
Kupferstich (Heliogravüre) und die neue Generalstabskarte der Österreichisch-ungarischen Monarchie 
in 715 Bl. P. M. 1878, S. 207. 
4 Darunter die bedeutenden Wiener Firmen Artaria & Co., G. Freytag & Berndt. 
5 K. C. Am rein: Bericht über die Kartographie der Schweizer Landesausstellung, Zürich 
1883. Zürich 1884, S. 5.
	        
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