Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Kartographie als Wissenschaft. 
elegante Ausführungsweise suchte die Fehler dieser Kartenwerke zu verschleiern. Das 
verschwindet gegen Ende des Jahrhunderts und macht einer soliden wissenschaft 
lichen Basis der Karten Platz. Die Karten wurden dann vielfach zu nichts Anderm als 
Exzerpten der offiziellen Kartenwerke. In den achtziger und neunziger Jahren war 
die private französische Kartographie fast vollständig verbummelt. Mit Wehmut 
vergleicht man die chorographischen Karten mit denen der fünfziger Jahre, die elegant, 
klar und sauber sind. Zweifellos hat dies, wie auch der Schweizer F. Becker bemerkt 1 , 
seinen Grund darin, daß sich unter der Regierung Napoleons III. alle Künste einer 
großem Blüte als in der Nachfolgezeit erfreuten, darunter auch die Kartographie, 
die unter der neuen Staatsform mit ihrem ewigen Wechsel in den Ministerien keine 
Förderung erfuhr. Die neueste chorographische Karte Frankreichs hat die alte Eleganz 
etwas wieder aufleben lassen und an tiefem Gehalt, jedoch nicht an spezifisch Eigen 
tümlichem gewonnen, so daß man nicht von einer besonders eigenartigen französischen 
Kartenleistung oder -manier sprechen könnte. 
Der italienischen Kartographie, die recht gute Erzeugnisse aufzuweisen hat, 
ist ebenfalls bis jetzt nichts Ursprüngliches und Tonangebendes nachzurühmen. Zu 
nächst auf französischen und österreichischen Schultern gestützt, hat sie bald allein 
gehen gelernt und erfreut durch saubere und teilweise auch elegante Karten bei guter 
wissenschaftlicher Grundlage. Auch die deutsche Kartographie ist nicht ohne Einfluß 
auf die italienische geblieben, wie man in der Privatkartographie wahrnimmt. Wenn 
der von dem Touring Club Italiano geplante und im Erscheinen begriffene Grande 
Atlante Internationale das wird, w~as die Anlage und die ersten Karten versprechen, 
werden die Italiener in der Reihe der kartographisch tätigen Völker wieder einen be 
deutenden Platz vorrücken. 
Nirgendwo anders sind wir so gezwungen, zwischen amtlicher und nichtamtlicher 
Kartographie zu unterscheiden wie bei den Spaniern und Portugiesen. Denn von 
der einen Seite, der amtlichen, besitzen wir gute Werke, nicht aber von der andern. 1 2 
Wenige Länder sind von Natur aus so günstig ausgestattet wie die iberische Halbinsel, 
daß sie, im Kartenbild fixiert, stets ein gutes Bild geben müssen. Die besten choro 
graphischen Karten sind im Lande nicht selbst, sondern von Nichteinheimischen ge 
zeichnet worden, wie die herrliche Vierblattkarte der Pyrenäenhalbinsel in Stielers 
Handatlas. In neuester Zeit bereitet sich ein Umschwung vor, langsam fängt man in 
der privaten Kartographie an, nach französischen und deutschen Mustern zu arbeiten. 
Die russische Kartographie weist in Eigenart und Anlage nichts Originelles 
^auf, sie arbeitet ganz und gar in deutschen Bahnen. Auch die Kartographie der nor 
dischen Länder, einschließlich Dänemarks, ist bei den Deutschen zu Gaste ge 
gangen, erst in zweiter Linie bei den Franzosen und Engländern. Die originellen 
offiziellen Karten hängen mit der Natur und Wirtschaft in den betreffenden Ländern 
zusammen. 
Selbständig hat sich die englische Privatkartographie entwickelt, die dort, 
wo sie direkt Material des Survey verarbeiten konnte, Schönes und Mustergültiges (die 
1 F. Becker: Die Schweizerische Kartographie an der Weitaussteil, in Paris 1889 und ihre 
neuen Ziele. Frauenfeld 1890, S. 48. 
2 Etwas so Geschmackloses und Maniriertes in der Gebirgsdarstellung findet man selten wieder 
wie in dem Atlas de España y sus posesiones de ultramar“ von Fr. Coello 1 : 200000 und 1 : 1000000. 
Um 1860 erschienen. [U.-Bi. Gött.]. — Diesem Produkt reiht sich würdig an die „Karte der Huelva- 
Provinz“ vom Dez. 1887 in 1 : 300000.
	        
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