Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

I 
92 Die Kartographie als Wissenschaft. 
auf diesem Gebiet ein Fortschritt am schwierigsten erscheint. Da die Schichtlinie ein 
absolut notwendiger Bestandteil im Aufbau einer Terrainkarte, die auf wissenschaft 
liche Brauchbarkeit Anspruch erhebt, ist, wird sie für immer ein integrierender Bestand 
teil jeglicher kartographischen Geländedarstellung, die nicht zum Maßstab der Schul- 
handkarte herabgeht, sein. Hingegen haben Schraffen, Schummerung und Farbton 
mehr sekundäre Bedeutung, die wohl zur Anschauung der Terrainelemente außer 
ordentlich brauchbar und wertvoll und ihr förderlich, aber nicht absolut notwendig 
sind. Die Zeit, wo man w r eitausgedehnte Gebiete, wie die alte östereichisch-ungarische 
Monarchie in Schraffen darstellte, dürfte vorüber sein. Andere Darstellungsmittel, 
die bequemer, schneller und fast ebensogut zum Ziele führen, treten auf den Plan. 
Die Isohypsendarstellung mit Schummerung hat ein weites Feld der Betätigung. Auf 
Karten dieser Art ist die Touristik von großem Einfluß gewesen, denn sie will für den 
Laien leicht lesbare und schnell erfaßbare, verständliche Karten. Die Schweiz ging 
mit dem Siegfried-Atlas bahnbrechend vor. Auf wissenschaftlicher Seite wird man die 
Schichtlinienkarten mit senkrechter Beleuchtung bevorzugen. Das setzt eo ipso voraus, 
daß die Schummerung auch wissenschaftlich behandelt wird und nicht aus der großen 
Hand, um lediglich einen plastischen Effekt zu erhaschen. Dann werden die Karten 
unter anderm für geologische Eintragungen, für Mineralien- und Pflanzenfundstätten 
vorzüglich zu verwenden sein. 
Für die Karte der Zukunft wird die Sehr affe nicht ganz auszuschalten sein; 
abgesehen davon, daß sie für kleinere Kartenwerke stets bestehen bleibt, wird sie un 
entbehrlich bei scharfen Niveauunterschieden von sehr kleinem Abstand; denn plötz 
liche Steilabstürze, Dämme, Wälle, Geländeeinschnitte und -hohlen, Terrassen usw. 
kann die Schummerung nicht darstellen, da muß die Schraffe einspringen. Die Kombina 
tion beider Geländedarstellungselemente wird künftighin das Augenmerk des Gelände 
zeichners besonders fesseln. Dies ist nicht so'zu verstehen, als ob die Schummerung 
für sich allein auf eine bestimmte Höhenstufe oder für besondere Gebiete und daneben 
die Schraffe mit ähnlicher Einschränkung zu gebrauchen wäre. 1 Die restlos befriedigende 
Verquickung beider ist keine leichte Aufgabe, mit viel Geschick, Takt und Sachkenntnis 
muß dabei zuwege gegangen werden; auch die bei den Kombinationsverfahren noch 
selten vorhandene Erfahrung wird ein gut Teil mitsprechen müssen. 
Auf die Kombination verschiedener Terraindarstellungselemente wird man noch 
öfters zurückgreifen müssen. Bei der Luftschifferkarte der Zeppelingesellschaft ist 
von M. Gasser die Verkettung von Höhenschichtkarte mit Schummerung nicht 
kolorierter Schichten angestrebt worden, ein Versuch, der jedoch nicht als geglückt 
zu bezeichnen ist. Desgleichen der Versuch E. Friedrichs, die farbigen Höhen 
schichten durch verschiedenfarbige Schraffen zu ersetzen. Übrigens haben diese Art 
Karten glücklichere Vorgängerinnen in' offiziellen schwedischen und norwegischen 
Karten, wo, wie wir wissen, Schichtlinien mit Schraffen das Kulturland bezeichnen, 
Schichtlinien mit oder ohne Schummerung kulturlose Gebiete. 
Eine Schraffenzeichnung im Verein mit besonders detailierter Felsdarstellung 
befriedigt nicht vollkommen; denn bei der Felszeichnung sind die gleichen Strichelemente 
nur in den verschiedensten Lagen und Stellungen angewendet, während bei den Schraffen 
regelmäßig und in Reihenform. Die Felszeichnung kombiniert mit der von mir ge- 
1 Wie es beispielsweise F. Birgham handhabt, der die Kraterböden und innern Kraterwände 
schummert, dagegen die äußern Wände (Lava und Sand) in Schraffen darstellt; vgl. die Krater 
Mokuaweoweo und Kilauea in P. M. 1876, T. 19.
	        
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