Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

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Die Kartographie als Wissenschaft. 
suchungsmethoden, eine Schutzwehr gegen Verflachung und Popularisierung der 
morphologischen Wissenschaft. 
Der Niederschlag der morphologischen Studien tritt uns in seinem Morphologischen 
Atlas, erste Lieferung, Hamburg 1914, entgegen. 1 Nicht zu verwechseln ist dieser Atlas 
mit dem Morphologischen Atlas, dessen Herstellung auf dem Internationalen Geo 
graphenkongreß zu Genf 1908 beschlossen wurde, und der unter der Redaktion von 
E. Chaix herausgegeben wird. Die Hauptstärke dieses Atlasses liegt mehr in der Bild 
sammlung morphologisch interessanter Gegenden als in deren kartographischer Fixie 
rung. An dem Atlas von Pass arge arbeiten verschiedene Autoren, denen in der Dar 
stellung der Probleme völlig freie Hand gelassen ist. Dadurch wird die Einheitlichkeit 
des ganzen Werkes leiden, und das Spezifische des Begriffes „Atlas“, ein nach bestimmten 
Grundsätzen und Darstellungsmitteln geregeltes und gleichmäßig durchgeführtes Werk 
zu sein, geht verloren. Auf der andern Seite hinwiederum hat die Kartensammlung 
den Wert, daß sie dermaleinst Leitlinien ergeben wird, wie morphologische Karten 
aufzubauen und darzustellen sind; denn jetzt handelt es sich mehr oder minder doch 
nur um kartographische Erstlinge. Aus allen diesen Versuchen dürften sich mit der 
Zeit eine oder wenige Methoden der Darstellung herauskristallisieren. 
Unter den acht Karten Passarges, die von dem Meßtischblatt Stadtremda (in 
Thüringen) die Topographie, Böschungen, Talformen, Geologie, physikalische Gesteins 
beschaffenheit, chemische Widerstandsfähigkeit der Gesteine, Böden und hypothetische 
Ausgestaltung der Oberfläche zum Vorwurf haben, sind für uns hier nur ein paar Karten 
von Interesse. Die topographische Karte mit dem grünen Flächenkolorit für den Vege 
tationsschutz zeigt sorgfältig ausgeführte Schichtlinien mit 20 m Abstand. Die Karte 
der Böschungen wäre leicht mit der topographischen zu vereinen gewesen; die Schicht 
linien wegzulassen ist m. E. nicht gut, auch die lose Schraffenzeichnung, die die Farbe 
unterstützen soll, ist nicht geschickt behandelt und stört den Gesamteindruck. An 
Passarges Stelle wäre ich bei der Darstellung geblieben, wie sie auf Kartenbild 2 der 
„physiologisch-morphologischen Karten der Umgebung von Thälendorf“ in seiner 
Physiologischen Morphologie befolgt ist. Wichtig ist der Versuch, bestimmte Bö 
schungen mit einer Farbe zusammenzufassen, was übrigens eine wenig bekannte, auf 
Manuskriptkarten angewandte Manier österreichischer Topographen ist. Passarge 
betrachtet die Böschungsverhältnisse unter ganz neuem Gesichtswinkel, nämlich in 
Beziehung zur Erosionstätigkeit und landwirtschaftlichen Benutzbarkeit (Pflugbarkeit). 
Bei 0° bis 5° herrscht eine geringe Erosion des fließenden Wassers mit geringen Flächen- 
abspülungen und Bodenversetzungen, bei 5° bis 10° hauptsächlich die Horizontal 
erosion mit kräftiger Abspülung, bei 20 bis 85° nur Vertikalerosion mit kräftigen Ab 
spülungen, Bodenversetzungen und Erdrutschen. Stellt die erste Stufe leicht zu be- 
pflügendes Land dar, so die zweite bepflügbares Land und die dritte gestattet nur 
Pflügen mit modernen Radpflügen. Bei den Böschungen über 85°, wo die Abtragungs- 
möghchkeiten gesteigert und eine Zunahme der Möglichkeit für Erdrutsche und Berg 
stürze besteht, ist das Pflügen unterbunden. Die Karte der physikalischen Wider 
stände der Gesteine zeigt unter anderm die Abhängigkeit der Böschungen von der Festig- 
1 Der vollständige Titel lautet: Morphologischer Atlas hg. v. S. Passarge. Lieferung I. 
Passarge: Morphologie des Meßtischblattes Stadtremda, 8 Karten nebst Anleitung in Mappe und 
Erläuterungen. Sonderabdruck aus d. Mitt. d. Geogr. Ges. in Hamburg XXVIII. Hamburg 1914. 
— Lieferung II. C. Rathjens: Morphologie des Meßtischblattes Saalfeld. Hamburg 1920. — Karto 
graphisch bieten die Karten von Rathjens nichts Besonderes.
	        
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