Full text: Die Kartenwissenschaft (1)

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Die Kartographie als Wissenschaft. 
unentbehrlich. Nach ähnlichen Prinzipien müßten die verschiedensten Staaten ein 
heitlich durchgeführte Kartenwerke herausgeben. Italien hat einen guten Anfang ge 
macht. Dabei sollte man es nicht bewenden lassen, andere Staaten müssen bald folgen, 
sie haben in dieser Richtung noch viel zu tun, so auch Deutschland. 
II. Internationale Aufgaben und Weltkartenprobieme. 
JJb Wirkliche Weltkartenprobieme. Neue Bahnen verfolgt die vorwärts strebende 
Kartographie nicht bloß innerhalb des Kartenbildes selbst, sondern in weit höherm 
Maße bei der Verwirklichung internationaler Aufgaben. Da winkt ein Feld unbegrenzter 
Betätigung. Zunächst melden sich noch Probleme, die mehr nationaler als internationaler 
Natur sind. Sicher ist die vornehmste Aufgabe die, das Gute, was in einzelnen, nicht 
selten recht kostspieligen Werken niedergelegt ist, zum Gemeingut des Volkes zu 
machen. An der Erreichung dieses hohen Zieles müßten sich staatliche wie private 
Institute gleich stark beteiligen. Ich spreche nicht bloß von Deutschland, was in aus 
gezeichneten preiswerten Schulatlanten, in dem Zugänglichmachen guten Karten 
materials für breitere Volksschichten andern Staaten vorbildlich sein kann, sondern 
allgemein von den sich kartographisch betätigenden Völkern. Wieweit hier inter 
nationale Vereinbarungen getroffen werden können, dürfte erst die Zukunft lehren. 
Die Einsicht von der Notwendigkeit des Zusammenschlusses benachbarter Staaten, 
gegebenenfalls sämtlicher Kulturstaaten der Erde, prägt dem 20. Jahrhundert den 
Stempel auf, wenn auch die Wurzeln dazu in das vorhergehende Jahrhundert hinein 
reichen. Nicht gegenseitige Liebe führt zu diesem Zusammenschluß. Es ist mehr Natur 
zwang, der sich insbesondere im Verkehr äußert, der im Sinne einer unbezwinglichen 
Macht selbst die politischen Schranken durchbricht. Die moderne Geographie lehrt uns, 
daß der mehr und mehr wachsende Zusammenhang der einzelnen Rassen, Völker und 
Bevölkerungen eine Wirkung des Verkehrs ist. 1 Schließlich hat er auf die Förderung 
der internationalen wissenschaftlichen Bestrebungen bedeutenden Einfluß. Unter den 
internationalen Vereinbarungen nehmen die auf kartographischem Gebiet liegenden 
nicht die unbedeutendste Stelle ein. Die internationalen kartographischen Werke ge 
hören nicht mehr in das Arbeitsgebiet eines einzelnen Staates, viele Staaten sind daran 
beteiligt oder müssen zum wenigsten daran interessiert sein. 
Je nachdem sich in den internationalen Kartenwerken die ganze Erde um 
spannenden oder europäische Verhältnisse wiederspiegeln, wird man von Welt- oder 
europäischen Kartenproblemen sprechen. Zurzeit sind es hauptsächlich zwei 
Weltkartenprobieme, an deren Lösung schon längere Zeit gearbeitet wird; es sind 
dies die Weltkarte in 1:1000000 (s. S. 106ff.) und die Geologische Karte der 
Welt in 1:5000000, deren Herstellung auf Anregung von Beyschlag auf dem 
XI. Internationalen Geologenkongreß zu Stockholm im Jahre 1910 beschlossen wurde. 
In der Untersuchung über natur- und kulturhistorische Karten im zweiten Band der 
Kartenwissenschaft ist der Raum gegeben, wo dieses Projekt näher erörtert wird. Mit 
derselben Berechtigung, jetzt eine geologische Karte der Welt in 1: 5000000 herzu 
stellen, konnte man an eine Weltkarte 1: 1000000 herantreten. Wenn man solange mit 
1 Vgl. Fr. Ratzel: Politische Geographie oder die Geographie der Staaten, des Verkehrs und 
des Krieges. 2. Aufl. München und Berlin 1903, S. 512ff. — M. Eckert: Grundriß der Handels 
geographie. Leipzig 1905, S. 134ff.
	        
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