Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Kartographie als Wissenschaft. 
dann kann die wissenschaftliche und praktische Kartographie daran gehen, die Welt 
karte herzustellen, und zwar eine solche im Maßstab 1 : 100000. Eine Weltkarte in 
ldeinerm Maßstabe, wie die gegenwärtig geplante in 1 : 1000000, kann bereits aus dem 
jetzt vorliegenden, wenngleich vielfach unzulänglichem Kartenmaterial aufgebaut 
werden; aber eine Weltkarte in 1 : 100000 muß aus dem Vollen geschöpft werden 
und das feinst destillierte Extrakt aus einer Kartenfülle sein, wie die Vogelsche 
Deutschlandkarte in 1 : 500000 aus den topographischen Karten des Deutschen Beichs. 
Das Allgemeine muß aus dem Besondern herauswachsen. 1 Das sollte mit wenigen 
Ausnahmen das Leitmotiv sämtlicher internationaler Kartenunternehmungen sein. 
In der jetzigen Zeit von andern Weltkartenwerken zu sprechen hat keinen 
Sinn, obwohl die Zukunft noch mancherlei Projekte der internationalen Kartographie 
zum Vorschein bringen wird, insonderheit Projekte, die auf verkehrsgeographischem 
Gebiete liegen. Mit dem Fortschritt der Wissenschaft, die ihrem Wesen nach zu einem 
gut Teil international ist, wird manches Problem geboren werden, an das wir noch 
gar nicht denken. Warum sollten nicht einmal auf Grundlage der Weltkarte 1 : 1000000 
beispielsweise die magnetischen Störungsgebiete kartographisch fixiert, warum nicht 
einheitliche, wirtschaftlich wichtige klimatologische Beobachtungen über ganze Kon 
tinente festgelegt, ein einheitlicher Normalnullpunkt für die gesamten Kartenwerke, 
ein Anfangsmeridian, der sich nicht auf nationaler, sondern auf allgemeiner terre 
strischer (kultureller) Basis stützt, angenommen werden? 1 2 Ist das geplante „Ver 
messungsluftschiff“ für die Aufnahme einer aeronautischen Weltkarte außer Kurs 
gesetzt, wird es doch noch internationalen Aufnahmezwecken dienstbar gemacht 
werden, freilich in einer Art, an die man früher gar nicht gedacht hat. Die künftigen 
Aufgaben der elektrodynamischen Erforschung des Erdinnern werden ohne das in 
bestimmter niederer Höhe ruhig fahrende Luftschiff nicht vollkommen gelöst werden. 
Der Niederschlag dieser Forschungsergebnisse wird eine Weltkarte der Erz- und 
Wasservorräte der Erde sein. 3 
40. Europäische Kartenprobleme. Man spricht in der Tages- wie Fachliteratur 
noch von andern Weltkartenprojekten, die indes diesen Namen nicht verdienen und 
lediglich im europäischen Interessenkreis begründet sind. In Petermanns Mit 
teilungen 1914 zählt K. Peucker unter drei Weltkartenprojekten außer der Welt 
karte 1 : 1000000 noch eine photogrammetrische und eine aeronautische auf. Immer 
wieder muß ich darauf hinweisen, sich in der Geographie wie Kartographie der 
modernen politischen Methode, mit Schlagwörtern zu operieren, zu enthalten. Dazu 
gehört auch die Bezeichnung „Weltkarte“. Die Tragweite der Photogrammetrie 
konnte man vor zehn Jahren nicht so überblicken wie heutigestags nach den Er- 
1 Vgl. Fr. v. Thudichum: Historische Grundkarten. Tübingen 1892, S. 7. 
2 Der Meridian von Greenwich hat trotz aller »Vorzüge doch nicht die Zugkraft, allen 
Kartenwerken der einzelnen Nationen als Nullmeridian zu dienen; und wenn die deutsche Wissen 
schaft noch so sehr mit ihm liebäugelt, stehen doch seiner allgemeinen Einführung mancherlei Be 
denken gegenüber, wie wir später noch erörtern werden. Es bleibt unverständlich, warum man einen 
so ausgezeichneten internationalen Meridian, wie den von Ferro, durchaus auf geben will. Daß 
Greenwich besser sei, davon haben mich als Geograph nicht einmal die Beschlüsse der VII. all 
gemeinen Konferenz der europäischen Gradmessung, Berlin 1884, überzeugt. Vgl. hierzu auch 
H. Haag: Die Geschichte des Nullmeridians. Diss. Gießen 1912. Leipzig 1913. 
3 H. Löwy: Elektrodynamische Erforschung des Erdinnern und Luftschiffahrt. Mit einem 
Vorwort von R. v. Mises. Wien 1920, S. 36.
	        
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