Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

Internationale Aufgaben und Weltkartenprobleme. 
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fahrungen des Krieges, wo Photogrammetrie und Stereophotogrammetrie in einer 
Weise erprobt und gefördert worden sind, wozu in friedlichen Zeiten gewiß Dezennien 
gehört hätten. Mit Berücksichtigung dieser Erfahrung wirde Peuckeis Annahme 
auch entschuldbar. Der Fliegeraufnahme gehört die Zukunft. Sie wird die Aufnahme 
und Herausgabe einer Weltkarte beschleunigen helfen, aber auf sie allein läßt sich 
keine Weltkarte aufbauen, und die Bezeichnung einer ,,photogrammetrischen Welt 
karte“ erübrigt sich somit. 
Die Aeronautische Weltkarte ist lediglich im europäischen Interessenkreis 
begründet, darum muß es Aeronautische Europakarte heißen, oder noch besser 
europäische Flugkarte. Fliegerkarte würde ein etwas engerer Begriff sein, wenn 
auch an ihre Herstellung jetzt zunächst zu denken ist, denn die Flieger haben in un 
geahnter Weise die Luftfahrer überholt, nicht bloß in den aviatischen Leistungen, 
sondern auch in der Förderung wissenschaftlicher Probleme. Hat sich das Flugzeug 
allmählich so eingebürgert, daß es als Verkehrsmittel unentbehrlich ist und vielseitig 
und regelmäßig gebraucht wird, dann ist auch an die Herstellung einer selbständigen 
internationalen Flugkarte heranzutreten, deren Einzelblätter in doppeltem bis drei 
fachem Format der heutigen deutschen Generalstabskartenblätter 1 : 100000 heraus 
zugeben wären. 
Sind internationale Karten erst in Europa erprobt worden, dann wird es nicht 
schwer halten, sie über die ganze Erde zu breiten und sich zur „Weltkarte“ ausdehnen 
zu lassen, ähnlich der geologischen Weltkarte, deren maßgebende Vorgängerin die 
Internationale Geologische Karte von Europa war, die von Beyrich und Hauch e- 
cor ne auf Beschluß des Internationalen Geologenkongresses zu Bologne vom Jahre 
1881 bearbeitet worden ist. Neben der rein geologischen Karte meldet sich eine andere, 
die gern internationale Geltung erlangen möchte, die agronomische. Großmaß- 
stabige Karten dieser Art besitzt außer Schweden in der Ökonomischen Karte des 
Beiches in 1 : 50000 und 1 : 100000 (Küstenstriche Norbottens, Aelfdal in Wärm 
land) kein größeres Land. Die Geologisch-agronomische Spezialkarte des Nord 
deutschen Flachlandes in 1 : 25 000 ; auf Grund der Meßtischblätter von K. Keilhack 
herausgegeben, ist langsam im Erscheinen begriffen. Eine internationale agronomische 
Karte müßte auf einer Isohypsenkarte in 1 : 100000 aufgebaut werden. Eine der 
artige Karte würde die Grundlage weiterer wichtiger wirtschaftlicher Karten werden, 
beispielsweise einer internationalen Bodenfruchtbarkeit karte. Desgleichen 
müßten Lagerstättenkarten der nutzbaren Mineralien international werden; sie 
können sich leicht zu wirklichen Weltkarten entwickeln. 
Zu internationalen Kartenwerken drängt die Entwicklung der Telegraphen, 
der Telephone, der Funkenstationen, der Kabel hin. Die Badfahr- und Automobil 
karten mit ihrem grellroten Straßennetz mit der Bezeichnung der Entfernungen in 
km und der gefahrvollen Wegestrecken wachsen sich mählich international aus. 
Auch verschiedene kartographische Darstellungen des Binnenverkehrs, wie die 
des Wasserstraßenverkehrs, vertragen eine Behandlung weit über die politischen 
Grenzen eines Staates hinaus. Internationale Vereinbarungen, aber nicht bloß 
Kongreß-, sondern wirklich staatlich unterstützte Beschlüsse könnten auf dem wieder 
frisch erwachten Gebiet der Wirtschaftskartendarstellung viel Segensreiches stiften; 
z. B. müßte festgelegt werden, daß die Signaturen, die sich auf Erzeugnisse und Be 
triebe aus dem Pflanzenreich beziehen, die grüne Farbe erhalten, die aus dem Tier 
reich die rote, die aus dem Mineralreich die blaue Farbe, gemischte Betriebe könnten
	        
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