Internationale Aufgaben und Weltkarteuproblenie.
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Um etwas Einheitliches und Bleibenderes zu gestalten, dürfen zunächst die ein
zelnen Länder an die Herstellung und Herausgabe der Karten ihres Landes nicht, allein
herangehen. Die Zentrale muß zugleich eine Zentralbearbeitungsstätte und Zentral
reproduktionsanstalt sein. Die an der Weltkarte interessierten Länder hätten tüchtige
Bearbeiter an die Zentralstätte zu senden und daselbst unter Aufsicht der Ober
leitung die Karten ihres Gebietes zu bearbeiten. Sobald die Karten für den Druck
fix und fertig sind, könnten die fremden Bearbeiter wieder in ihre Heimat mit Um
drucken der Weltkarte ihres Gebietes auf Zink oder Aluminium zurückkehren, um
daheim die Karten ihres Vaterlandes je nach Bedarf reproduzieren zu können. Die
Originale sind in der Zentrale aufzubewahren und au courant zu halten.
Obwohl man sich über Projektion, Maßstab, Farbengebung, Signaturen, ver
schiedene Behandlung klimatisch gemäßigter und tropischer Gegenden einig ist und
eine Zentrale für die Weltkarte in England eingerichtet hat, fehlt es immer noch an
größerer Vereinheitlichung der Arbeit an der Karte. Der Plan dazu muß noch groß
zügiger aufgefaßt und noch großzügiger eingerichtet werden. Ein Fehler ist es, daß
Southampton bzw. London die Zentrale der Weltkarte ist, viel richtiger wäre dies
Berlin, wo Penck und andere kartographisch bewanderte Gelehrte und Praktiker
jederzeit ihre Kräfte hätten zur Verfügung stellen können.
Bei fier eigenartigen Begabung des Deutschen für kartographische Darstellungen
wäre gerade die Anfertigung der Weltkarte in 1 : 1000000 so recht eine Aufgabe der
deutschen Kartographie gewesen. Aus diesem Grunde ist es zu bedauern, daß sich
A. Penck das Weltkartenprojekt, für das er jahrzehntelang gekämpft und gewirkt
hatte, aus der Hand hat gleiten lassen, wenn er auch die Genugtuung hat, endlich
das Projekt halbwegs unter Dach und Fach zu sehen. Ob es aber das werden wird,
was er einstmals davon erhofft hat, möchte ich bezweifeln.
Die Auspizien für eine wissenschaftlich wertvolle Weltkarte sind nicht günstig,
nachdem England der Hort der Weltkarte geworden ist. Auffällig ist, daß früher
England sich gar nicht dafür interessierte. Erst einige Jahre vor dem Weltkriege
erwachte plötzlich das Interesse und England protegierte auf den letzten internationalen
geographischen Tagungen das Projekt, wohl mit dem leisen Hintergedanken, endlich
einmal einen Plan zu erhalten, nach dem das eigene weit zerstreute Kolonial- und
Interessensphärengebiet kartographisch einheitlich in Beziehung zum Mutterland
dargestellt werden kann. Bis jetzt haben die Engländer noch nicht bewiesen, daß
sie großen kartographischen Problemen, die sich insonderheit in der Geländedarstellung
auch aussprechen, gewachsen sind, im Gegenteil, wenn sie auf fremdes Gebiet geraten
sind, haben sie fast immer versagt (s. S. 89). Bei dem Weltkartenprojekt ist ihnen
allerdings vieles von andern in die Hand gespielt worden, mit dem es sich recht gut
arbeiten läßt, aber zu einer guten Darstellung des Terrains durch die Engländer habe
ich kein Vertrauen; denn nach dem, was sie als Proben der Weltkarte hergestellt haben, 1
1 Ich verweise beispielsweise auf das Blatt „Istambul (Constantinople)“, North K 35, von der
Geographical Section, General Staff in London bearbeitet. Schon die Schichtlinien, deren scheinbar
prägnanter Lauf vielerorts mehr von der Phantasie als den tatsächlich gemessenen Höhen dirigiert
wird, geben genug Beweismaterial, daß die Engländer der Aufgabe nicht gewachsen sind. Nicht
einmal die Höhenwerte für die Schichtlinien sind eingefügt. Die Schichtlinien auf dem französischen
Blatt „Paris“ sind in Bogen gezeichnet, als ob sie dem wallenden Kleidersaum einer Schlangentänzerin
abgelauscht seien; und letzteres Blatt ist vom Service Géographie de l’Année in Paris bearbeitet.
Über weitere fertig gestellte Blätter vgl. Haardt v. Hartenthurn: Die Internationale Erdkarte
in 1 : 1 Million“ in P. M. II. 1913, S. 300ff.