Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Das Kartennetz. 
Sache theoretisch-formal, insofern den alten Ptolemäuskarten wie den erst neu ent 
worfenen Karten eine Projektion zugrunde gelegt wurde. 
Die zweite Ptolemäusprojektion, deren Meridiane gekrümmt und zweifel 
los als Kreisbogen aufzufassen sind, gab zunächst den Anstoß zur Weiterentwicklung 
der Projektion. Das Ptolemaische Kartenbild wurde über die Halbkugel hinaus 
erweitert und führte zu den herzförmigen Projektionen. Vorderhand waren sie nur 
herzähnlich, pseudocordiform oder cordoid 1 , wie die Karte (Venedig 1511) von 
B. Sylvanus 2 , die Weltkarten (Wien 1520) von Peter. Apian 3 zeigen. 4 Hierher 
gehört auch die schwach herzförmige Karte von Vavassore. 5 Dagegen haben die 
drei Projektionen des Joh. Stab, durch Job. Werner bekannt geworden, als eigent 
lich herzförmige oder cordiforme zu gelten. 6 Die Tabula orbis cogniti universalior 
(Ingolstadt 1530) des Peter Apian ist die erste Karte, die in der sogenannten 
zweiten Stab-Wernerschen Projektion entworfen ist. 7 ) Breusing 8 , Peschei 9 , 
Steinhäuser 10 , H. Wagner 11 u. a. haben diese Projektion mit Recht als die erste 
flächentreue bezeichnet. Sie ist zudem ein Zeugnis dafür, daß die damaligen Er 
rungenschaften der mathematischen Projektionslehre in die praktische Kartographie 
eindrangen. 
Die hauptsächlichste Verbreitung der Stab-Wernerschen cordiformen Pro 
jektionen geschah durch die Weltkarten 1581 12 , 1536,1566 13 des Orontius Einaeus, 
des bedeutendsten französischen Geographen des 16. Jahrhunderts, besonders durch 
dessen Nova et integra universalis orbis descriptio, die 1566 in Italien zum zweiten 
Male aufgelegt wurde. Die unnatürliche Lage des Pols wurde bereits von den Zeit 
genossen getadelt, immerhin errang die uns heute sehr unvollkommen erscheinende 
Methode vielen Beifall, wie sie denn auch von Vadian, Mercator, bemerkenswert 
ist dessen doppelherzförmige Karte v. J. 1538 14 , und andern adoptiert wurde. Die 
Anwendung durch Mercator hat sicherlich noch mehr dazu beigetragen, die Stab- 
1 H. Wagner: Die dritte Weltkarte Peter Apians v. J. 1590 u. die Pseudo-Apianische 
Weltkarte von 1551. Nachr. v. d. K. Ges. d. Wiss. u. d. Georg-August-Universität zu Göttingen. 
1892, S. 553. 
2 A. E. Nordenskiöld: Facs.-A., T. XXXIII. 
3 A. E. Nordenskiöld: Facs.-A., T. XXXVIII. 
4 Desgleichen die Karten von Joh. Honterus: Rudimenta cosmographie a, 1546 (Facs.-A., 
T. XLIV); und von Hieronymo Girava: Dos libros de cosmographia, 1556 (Facs.-A., T. XLV). 
5 Die Karte fand ich in der Nat.-Bi. zu Paris unter Nr. 1044. Mappemonde du XVIe siècle 
par Vavassore. 
6 Wenn die Entfernung zwischen Äquator und Pol = s ist, und die Länge von 90° auf dein 
Äquator = l ist, dann ist l bei der I. Stabprojektion = я/2 s bei der II. — s und bei der III. = я/3 s. 
7 Das einzige bis jetzt bekannte Exemplar befindet sich im Britischen Museum. — Vgl. auch 
Nordenskiölds Periplus, Taf. XXXXIV; des weitern über Peter Apian: H. Wagner (s. Anm. 2). 
— W. Wolkenhauer: Peter Apian, ein Erinnerungsblatt zu seinem 400 jährigen Geburtstage 
(Rundschau f. Geogr. u. Stat. 1895, S. 518—522). — Harrise: The discovery of North America, 
Paris 1892; dazu noch die einschlägigen Werke von Nordenskiöld und Gallois. 
8 A. Breusing: Gerh. Kremer, gen. Mercator. Duisburg 1869, S. 45, 46. 
9 O. Peschei, a. a. O., S. 410, 411. ¡ 
10 A. Steinhäuser: Stabius redivivus. Kettl. Z. f. wiss. Geogr. V. Wien 1884, S. 289. 
11 H. Wagner: Lehrbuch, a. a. O., S. 200. 
12 Nordenskiöld: Facs.-A., S. 88ff. T. XLI. — M. d’Avezac- Coup d’œil historique sur 
la projection des cartes de géographie. Bull, de la Soc. de géogr., Paris 1863, V. S. 50. 
13 Nordenskiöld: Facs.-A., S. 89. 
14 Nordenskiöld: Facs.-A., T. XLIII. ... '
	        
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