Zur Geschichte der Kritik der Kartenprojektion.
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Werner sehe Projektion zu verbreiten als die Karten des Finaeus. Die italienischen
Nachbildungen von Lafreri und Salamanca sind weiter nichts als gewöhnliche
Plagiate. 1 An das Apianische Vorbild klingt auch die große Weltkarte in Herzform
des Kaspar Vopellius an; sie erfreute sich großer allgemeiner Beliebtheit. 1 2 Eine
merkwürdige türkische Karte, von einem gewissen Hadschi Achmed*aus Tunis, hatte
das Vorbild, wie Fiorini nachgewiesen hat, in den Karten des Finaeus. A. Stein
häuser, Gretschel, Wenz, Breusing, H. Wagner u. a. haben in neuerer Zeit
die herzförmigen Kartennetze wieder in Erinnerung gebracht.
Die ovale Weltkarte des Peter Apian, die ,,Apianische Projektion“,
findet sich in Apians Liber cosmographicus. Diese Projektion mutet uns heute,
da wir neue Projektionen in mehr oder weniger elliptischer Form mit immer größerer
Häufigkeit gebrauchen, gar nicht mehr so unmodern an wie noch vor einem Menschen
alter. Im 16. Jahrhundert fand die elliptische Projektion viele Verehrer, so bei
Bordone, Vadian, Münster, Cabot, Gastaldi. Sie verschwindet darauf, um
nochmals eine kurze Auferstehung durch Lotter (1783) zu feiern. 3 Meine Projektionen
haben Beminiszenzen an sie wach gerufen. 4
In dem i. J. 1524 zum ersten Male erschienenen Cosmographicus liber von
Peter Apian, dessen verbesserte Auflage durch Gemma Phrysius (Frisius) vom
Jahre 1539 mir aus der Universitätsbibliothek Bonn vorlag, ist die sogenannte
Apianische Projektion viermal vertreten, für die Darstellung des Schemas der
Parallelen, der Klimate, der Längen und Breiten auf Fo. VIII, IX, IX (Rückseite)
und X. Von letztem beiden ist die der Längenkreise (IX, Rückseite) am wichtigsten.
Eine Pollinie ist auf Apians Skizzen nicht zu bemerken. Die in ihrer Haupterstreckung
als Kreisbögen gezeichneten Meridiane verflachen sich allmählich nach dem Polpunkt
zu, wo sie zusammenlaufen. Wenn sie nach den Polpunkten in eine gerade Linie über
zugehen scheinen, ist das nur ein Konstruktionsfehler. Apian hält kein richtiges
Verhältnis zwischen Mittelmeridian und Äquator ein, das unter den vier Projektions
bildern zwischen 5,5 cm (Mittelmeridian) zu 7,7 cm (Äquator) und 8,9 zu 10,5 cm
schwankt. 5 Es spricht sich darin keine bewußte Festsetzung aus, wohl aber auf der
Weltkarte von Bordone vom Jahre 1528, wo der Mittelmeridian, 18,6 cm, genau die
Hälfte des Äquators, 37,2 cm, beträgt. 6 Deshalb will A. E. v. Nordenskiöld die
Projektion nicht nach Apian, sondern Bordone genannt wissen, indem er hervorhebt,
daß Apian die Projektion weder beschrieben noch zu ihrer Konstruktion Veranlassung
gegeben habe. 7 Das erstere stimmt, das andere muß ich bezweifeln. Ich nehme an,
daß Nordenskiöld die Apianischen Skizzen nicht gesehen hat. Zweifellos hat das
Werk Apians, das seinerzeit die größte Verbreitung und Beachtung fand, zur Pro
1 M. Fiorini: Le projezioni cordiformi nella cartografia. Boll. Soc. Geogi. ltal. 1889, II.
S. 554-579.
2 Auf der Schweizerkarte des Ägydius Tschudi heißt es: ,,die herrlich tafel der ganzen
weit Vopely“.
3 Vgl. M. Fiorini: Sopra tel speciali projezioni meridiane e i Mappemondi ovali del secolo
XVI., Roma, 1895. — G. Wenz: Atlas zur Landkartenentwurfslehre. München 1885, Nr. 15.
4 H. Wagner: Lehrbuch a. a. O., S. 221.
5 Auf den Karten von Coppo, Grynaeus, Rosello, Gastaldi u. a. entsprechen 9 Breiten
grade 10Längengraden; Cabots Erdkarte zeigt das Verhältnis von 3:4. Vgl. M. Fiorini: Sopra
tre speciali projezioni meridiane etc. Mem. soc. geogr. Ital. V. 1895, S. 165
6 Nordenskiöld: Facs-A., T. XXXIX.
7 Nordenskiöld: Facs.-A., S. 90.