Zur Geschichte der Kritik der Kartenprojektion.
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Delisle 1 , Murdoch 2 , Bonne 3 , Albers 4 sind die hauptsächlichsten Vertreter der
Kegelprojektionen; die vier gingen außer auf bekannten auch auf eignen Spuren,
aber nur die beiden Franzosen gewannen durch ihre neuen Kegelprojektionen großem
Einfluß auf die Folgezeit, wenn auch Albers glaubte, „sich mit Recht schmeicheln
zu können, das Problem einer womöglich vollkommenen Kegelprojektion zuerst be
friedigend gelöset zu haben“. Späterhin haben sich unter andern C. Mollweide 5
und M. Henry 6 mit der Theorie des Bonneschen Entwurfs befaßt. Um die Erklärung
und Anwendung der stereographischen Projektionen, insbesondere auch um die
zwischenständige oder die „stereographische Horizontalprojektion“, wie sie
damals bereits genannt wurde, erwarben sich Lacroix, Tobias Mayer der Ältere 7 ,
Hase aus Wittenberg 8 , Kästner 9 , Klügel 10 und Bode 11 Verdienste. Eine rein
analytische Darstellung der Projektion nach hohem mathematischen Prinzipien hat
ebenfalls Mollweide gegeben. 12
Die tatsächliche Erforschung des Wesens der Übertragung von gekrümmten
Flächen auf die Ebene gelang jedoch erst den genialen Mathematikern J. H. Lambert
(1728—1777), L. Euler 13 und J. L. de Lagrange. 14 Wenn Euler, und auf ihn ge
1 Die Projektion auf den Schnittkegel von J. N. Delisle = de l’Isle (fl768) wurde 1745
zuerst angewandt. Sein älterer Bruder G. Delisle (|1726) liât sich namentlich um den Karteninhalt
verdient gemacht. Vgl. Chr. Sandler: Die Reformation der Kartographie um 1700. München und
Berlin 1905, S. 14ff.
2 P. Murdoch: Mercators sailing applied to the true figure of the earth, with an intro
duction concerning the discovery and détermination of that ligure, London 1741. — Dem.: „On
the best form for geographical maps“ in den „Phil. Transactions“ 1751. — Theorie und Kritik von
drei Murdoch sehen Kegelprojektionen gibt H. C. Albers in der Monatlich. Correspondenz zu Be-
förderg. der Erd- und Himmelskunde, hg. von F. v. Zach, XI. Gotha 1805, S. 97 — 114, 240—250.
3 Rigobert Bonne brachte 1752 die nach ihm benannte Projektion; vgl. dessen Atlas
maritime ou cartes rédiütes de toutes les côtes de France, Paris s. a.
4 H. C. Albers: Beschreibung einer neuen Kegelprojektion Monatl. Corresp. v. Zach. XII.
Gotha 1805, S. 450-459.
5 C. Mollweide: Beweis, daß die Bonnesche Entwurfsart die Länder ihrem Flächeninhalte
auf der Kugelfläche gemäß darstellt. Monatl. Corresp. v. Zach. XIII. Gotha 1806, S. 144—152.
6 M. Henry : Mémoire sur la projection des cartes géographiques, adoptée au depot général
de la guerre. Paris 1810.
7 Vgl. auch Chr. Sandler: Die Homännischen Erben. Kettlers Z. f. wiss. Geogr. VII.
Weimar 1890, S. 444ff.
8 J. M. Hase hatte die Aufgabe, „die Karten, welche für die Homannsche Offizin neu ge
zeichnet werden sollten, nach der stereographischen Projektion einzurichten und die zuverlässigen
Angaben über Länge und Breite gewisser Orte innerhalb der Karte zu verwerten“. Vgl. S. Rüge:
Abhandlgn. u. Vorträge zur Gesch. d. Erdkunde. Dresden 1888, S. 121.
9 A. G. Kästner in seinen Dissertationibus mathemat. et phys. Altenburg 1771, S. 88ff,
I 10 G. S. Klügels Programm (Halle 1788) enthält eine „Geometrische Entwicklung der Eigen
schaften der stereographischen Projektion“.
11 J. E. Bode: Beschreibung und Gebrauch einer auf den Horizont von Berlin entworfenen
neuen Weltcharte in zween Hemisphären. Berlin u. Stettin 1783.
12 C. Mollweide: Analyt. Theorie der stereograph. Projektion. Monatl. Corresp. v. Zach.
XIV. Gotha 1806, S. 427-437, 528-539.
13 L. Eulers Drei Abhandlungen über Kartenprojektion (1777) sind in guter deutscher Über
setzung mit Anmerkungen v. A. Wange rin in Ostwalds Klassikern der exakten Wissenschaften
erschienen, Nr. 93.
14 J. L. de Lagrange: Sur la construction des cartes géographiques. Berlin. Acad. Mem.
1779. — Vgl. auch Lagrange und Gauß, Abhandlungen über Kartenprojektion (1779u. 1822). Heraus
gegeben von A. Wangerin. In Ostwalds Klassikern, Nr. 55.