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Das Kartennetz.
Entwurfs passen. E. Hammer hat in seinen Berichten einigemal auf solche Versehen
hingewiesen. 1 So ist mit der Bezeichnung „Äquidistante Meridianprojektion“ 1 2 gar
nichts gesagt, ebensowenig, wenn es von J. C. Gygers Karte des Kantons Zürich
heißt, daß sie „in den kleinsten Teilen nicht äquivalent ist“ 3 ; denn es ist dabei gar
keine Beziehung zu irgendeiner Abbildungsart aufgestellt. Falsch ist es, von der
Bonneschen Abbildung als einer „modifizierten Flamsteedschen“ zu sprechen, was
schon A. Germain als eine „grosse absurdité“ gegeißelt hat. 4 Es war von V. Haardt
von Hartenthurn nicht richtig, den Entwurf der neuen Übersichtskarte von Öster
reich-Ungarn in 1 : 750000 als „polyedrische Projektion“ nach A Ibers zu bezeichnen 5 ;
er ist konisch flächentreu. A. B lud au spricht bald von „Azimut-“, bald von „Azimutal
projektion“ 6 , wo lediglich die zweite, die adjektivische Form die richtige ist.
E. Hammer wendet sich gegen die Bezeichnung „einfache Kegelprojektion“
und schlägt „vermittelnde Projektion“ vor, da ja jede Kegelprojektion einfach in
der Konstruktion sei. 7 Aber in vorliegendem Fall hat der Geograph nur eine ganz
bestimmte Projektion im Auge, die wahre Kegelprojektion mit längentreuen Meri
dianen, wie sie unmittelbar auf Ptolemäus zurückzuführen ist. 8 Zuletzt kommt
es vor, daß eine Projektion weder durch einen Namen noch durch eine mathematische
Formel charakterisiert wird, wie wir es beispielsweise in Bartholomews Physical
Atlas 9 sehen. Zwei Karten darin zeigen die Mercatorprojektion, die andern eine
Art modifizierter Mercatorprojektion, die A. Supan irrtümlich auch als Mercator
projektion angesehen hat. 10 11 Wohl ist es eine zylindrische Projektion mit wachsenden
Breiten, aber nicht im Sinne von Mercator. Der Text zu den Karten läßt nichts
über den Entwurf verlauten. Es ist dasselbe Netz, das 0. Krümmel als „willkürliche
Projektion“ bezeichnet hat. 11
57. Die neuen deutschen projektionstechnischen Bezeichnungen. Einen erfreu
lichen Fortschritt in der Bezeichnung brachten die Bemühungen Breusings in der
Verdeutschung fremder, oft nichtssagender Benennungen in der Kartennetzlehre.
A. Breusing war nicht bloß ein ungemein praktischer, sondern auch ein sprach
schöpferischer Kopf. Zunächst wandelte er die Bezeichnungen normal, transversal
(querachsig), schiefachsig, die auf Lambert und Tissot zurückgehen und logisch
1 E. Hammer in G J XX, S 438, 439; XXIV, S. 32.
2 S. Rüge in P. M. 1896, LB. 356, gelegentlich der Besprechung von M. Fiorini: Sopra tre
speciali proiezioni meridiane e i mappamondi ovale del secolo XVI. Mem. soc. geogr. Ital. Bd. V,
T. la, S. 165. x
3 E. Brückner: Veränderungen der Erdoberfläche im Umkreis des Kantons Zürich seit der
Mitte des 17. Jahrh. P. M. 1896, S. 233, Anm. 1.
4 Vgl. E. Hammers Bericht in G. J. XX, S. 438.
6 V. Haardt v. Hartenthurn: Die militärisch wichtigsten Kartenwerke der europäischen
Staaten. Mitt. d. k. k. Mil.-geogr. Inst, 1898. XVIII. Wien 1899, S. 124. — Vgl. dazu H. Hartl:
Studien über flächentreue Kegelprojektionen. Ebenda 1895, S. 219.
6 Auf den Karten zur Neubearbeitung des Sohr-Bergbaus’ Handatlas. Glogau 1902ff.
I 7 E. Hammer in G. J. XXIV, S. 32.
ö H. Wagner, Lehrbuch a. a. O., S. 222. — Krümmel-Eckert, a. a. O., S. 18.
9 Bartholomews Physical Atlas. Bd. IV. Atlas of meteorology, prepared by J G. Bartho
lomew and A. J. Herbertson, and edited by Alex. Buchan. London 1899.
10 A. Supan in P. M. 1900, LB. 1, S. 2. Ref. über vorhergehenden Atlas (Anm. 9).
11 O. Krümmel in P. M. 1900, LB. 479, S. 134. Ref. über Meteorological charts of the Sou
thern Ocean.