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Das Kartennetz.
jektion für den Planiglob führte Hammer zu dem gefälligen, von einer Ellipse um-
rissenen Erdhild, während die Lambertsche flächentreue Azimutalprojektion der
gesamten Erde, in eine Kreisform gegossen, uns nicht gefällt. Auch die schwierigem
Kurven der mittabstandstreuen Projektionen, in transversaler oder schiefachsiger
Lage, schwächen das Manierierte der reinen Kreiskonstruktionen ab. Über ovale
Weltkarten vgl. weiter § 69.
In der Mischung und Verquickung der verschiedenen Liniensysteme
war den Kartenprojektionen ein weiter Spielraum gegeben. In allen Verquickungen
spielt die gerade Linie eine tonangebende Polle, denn sie ist fast überall dabei und
verbindet sich mit Kreisen, Kreisbögen, Ellipsenbögen, Sinuslinien und zuletzt auch
mit Hyperbeln, Parabeln und verwickeltem Kurven. Auf diese Weise wird eine reiche
Anzahl von Projektionen ermöglicht. Ganzkreise in Verbindung mit Geraden zeigen
alle polständigen Projektionen, ganz gleich, ob sie winkeltreu, wie die stereographischen,
oder flächentreu, wie die azimutalen von Lambert, oder mittabstandstreu, wie die
von Mercator, oder vermittelnd, wie die Nellsche Globularprojektion, oder gno-
monisch sind. Daran schließen sich die verschiedenen sternförmigen Projektionen
an 1 , sodann die konischen Entwürfe mit geradlinigen Meridianen. 1 2 Unter den Erd
karten mit geraden Linien und Kreisbögen kommt bloß der alte Apianische Welt
kartenentwurf in Betracht.
Seltener ist schon die Verquickung von geraden Linien mit Ellipsenbögen.
Unter dieser Gruppe sind nur die Mollweidesche Projektion und mein Ellipsen
entwurf von Belang, weniger die äquatorständige orthographische Projektion. Nicht
viel häufiger ist die Verknüpfung von Geraden mit sinuslinigen Kurven, wie bei
der Mercator-Sansonschen Projektion und meiner Kreisringprojektion. Noch seltener
treten gerade Linien mit andern Kurven, wie mit Hyperbeln auf; so zeigt z. B. die
äquatorialständige gnomonische Projektion die Mittagskreise als gerade parallele
Linien, während die Parallelkreise sich als Hyperbeln projizieren. Bei der zwischen
ständigen gnomonischen Projektion werden die Meridiane als Gerade projiziert, der
40. Breitenparallel, wenn angenommen wird, daß cp = 50°, als Parabel; die südlich
davon liegenden Breitenparallele bilden Hyperbeln und die nördlich davon gelegenen
Ellipsen. Kreise und Ellipsen verknüpfen sich in Airys Projection by Balance of
Errors. 3 Kreise und höhere (herzförmige) Kurven setzen den Bonneschen Ent
wurf, die Stab -Wernersche Herzprojektion und andere zusammen. — Wir sehen,
eine reiche Anzahl von Verquickungen der verschiedensten Linienelemente sind mög
lich; aber immer gehören gewisse Gruppen zusammen, so daß sich auch nach diesem
Gesichtspunkt ein Einteilungsprinzip der Projektionen finden läßt. 4
1 Die sternförmigen Projektionen sind ein Ganzes von der Mitte bis zum Äquator, wo sich
die Sternzacken alsdann ansetzen. Dabei erleiden die Meridiane eine Brechung. Die sog. erste
Projektion des Ptolemäus zeigt auch eine Brechung der Meridiane am Äquator, weshalb man
sie als eine Vorläuferin der Sternprojektionen ansieht. Vgl. Herz: Die Landkartenprojektionen.
Wien 1894, S. 94; desgl. Tissot-Hammer: Die Netzentwürfe geographischer Karten. Stuttgart
1887, S. 190.
2 Von der Schwierigkeit der Einzeichnung flacher Kreisbögen und andern Konstruktions
schwierigkeiten sehe ich bei dieser mehr allgemeinen Betrachtung ganz ab.
3 Die Projektion hat für den Geographen wenig Wert. Vgl. die Entwicklung dieses Netzes
in H. Gretschels Lehrbuch der Kartenprojektion. Weimar 1873, S. 247ff.
4 Ein anderer, allerdings sehr einseitiger Versuch liegt vor in dem Gymnasialprogramm von
Bock: Über verschiedene Konstruktionen zur Übertragung von Figuren von einer gegebenen Ober-