Namen und Systeme der Projektionen.
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CO. System der Projektionen vom geographischen Standpunkt aus. Wenn von
geographischer Seite aus ein System der Projektionen angestrebt wird, kann auch
da die mathematische Basis nicht verlassen werden. Nur die Formel soll nicht aus
schlaggebend sein. Hinwiederum muß man sich vor Äußerlichkeiten hüten. Die Ein
teilung soll klar und übersichtlich sein, bei der sich auch mathematisch weniger Be
gabte etwas denken und vorstellen können. Zu den ersten Versuchen dieser Art gehört
die Einteilung von Saija und Marinelli. Dem Urteil E. Hammers über diese
Arbeit schließe ich mich an. 1 Das Gute, was sie bringt, ist nicht neu, und das Neue
ist nicht gut. Praktisch und einfach hat Charles Duchesne die Projektionen zu-
zusammengefaßt, um sie dem Verständnis der Schüler höherer Schulen nahe zu bringen.
Er geht von dem gesunden Prinzip aus, lediglich in die Kartennetze einzuführen, die
in den verbreitesten Lehrbüchern und Atlanten am meisten gebraucht werden. Dabei
spricht er von Projektionszonen oder Kugelflächenstücken (fuseaux) und unter
scheidet zunächst Projektionszonen bzw. -flächen, deren Abgrenzung durch gerade
Linien erfolgt, sodann von Projektionsflächen in Sektorenform und zuletzt von solchen
in Rosettenform. Im ganzen werden elf Projektionen behandelt. 2 Damit mag dem
Geographieunterricht auf Mittel- und hohem Schulen gedient sein, nicht aber dem
Hochschulunterricht, der seine Ziele höher steckt.
Wird bei der Systematisierung auf das historische Moment verzichtet, so wird
die Sache schwieriger und bietet der Kritik schon größere Angriffsflächen dar. Für
Geographen brauchbar und völlig ausreichend ist folgender Entwurf zu einem System
der geographisch wichtigsten Projektionen. Dabei sehe ich von den Projektionen
der Landesaufnahmen ab, die eine besondere Erörterung erheischen. Die Gradnetz
entwürfe lassen sich, insbesondere- wenn man den Wert einer guten Veranschaulichung
für noch nicht Eingeweihte im Auge hat, ganz allgemein in Entwürfe teilen, die
direkt auf die Berührungsebene projiziert werden, also keinen Hilfskörper bei der
Projektion notwendig haben, und in solche, die nicht direkt auf die Ebene projiziert
werden, die gewissermaßen von der Erdkugel erst auf einen andern Körper über
tragen werden, um von hier aus erst die weitere Umwandlung auf die Ebene zu er
fahren. 3 In die erste große Gruppe gehören die Azimutalprojektionen, und zwar in
fläche auf eine andere (Lyck 1884). Vorderhand wird lücr an dem Prinzip fcstgehalten, daß das System
von Meridianen und Parallelkreisen der Erdkugel entweder durch ein Doppelsystem von Kreisen
oder durch ein System von geraden Linien wiederzugeben ist.
1 Nach E. Hammer in G. J. XXIV, 1901/02, S. 14 sei die Einteilung mitgeteilt. A. Geo
metrische, B. Pseudogeometrische und C. Konventionelle Projektionen. Nur Gruppe A zerfällt in
Unterabteilungen, und zwar in folgende sieben: I. Perspektivische Abbildungen: zentrograpbisch,
endographiscli, stereographisch, szenographisch, orthographisch; dabei wird jedesmal Äquatorial-,
Meridian- und Horizontalprojektion unterschieden; II. Projektionen durch Schnitte; III. Proj. durch
Umklappung; IV. Polyedrische Proj.; V. Proj. durch Abwicklung (zylindrisch und konisch); VI. Natür
liche Proj.; VII. Polykonische Projektionen
2 Ch. Duchesne: L’enseignement des projections cartographiques. Lüttich 1907. — Er
gruppiert: I. Fuseaux alignées: 1. Mercator, 2. Flamsteed-Sanson, 3. Babinet-Mollweide;
II. Fuseaux en secteur: 4. Bonne, 5. Wetch, 6. Delisle (Duchesne schreibt durchweg falsch
de l’Isles); III. Fuseaux en rosace: 7. Postei, 8. Lambert, 9. stereographische Proj., 10. Breusing,
11. orthographische Proj. — Vgl. H. Haack in G. J. XXXIII. 1910, S. 148.
3 Breusing (Das Verebnen der Kugeloberfläche, S. 56) hält das Einfuhren eines Hilfskörpers,
wie Walze oder Kegel, für unnötig. Für seine Zwecke, hatte er doch Seeleute in den nautischen
Kenntnissen auszubilden, mochte diese Ansicht richtig sein, aber damit kommen wir in unserm Hoch
schulunterricht nicht aus.