Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Das Kartennetz. 
0 oder nach W doppelt wiederkehren, immer in der gleichen Größe erscheinen. Das 
Wechseln der Flächengrößen und Formen für ein und dasselbe Gebiet wie auf der 
Haackschen Karte kann pädagogisch nie gut geheißen werden, 1 
Das Kreisbild gehört im Grunde genommen nur der Halbkugel oder einem 
kleinen Teil der Erde, einer Kugelkappe, an. Nur ausnahmsweise kann es über das 
Gesamtbild der Hemisphäre hinausgehen, wie es z. B. außerordentlich geschickt durch 
Henry James, Chef des britischen Yermessungswesens, geschehen war, dessen 
perspektivische Entw r urfsart von einem Kreis begrenzt wird und dabei nahezu 1 2 / 3 
der Kugeloberfläche umfaßt. 2 Dies war James nur dadurch gelungen, daß er für 
seine zwischenständige Projektion die Parallelen der gewöhnlichen stereographischen 
Horizontalprojektion nicht in Kreisen, sondern in Ellipsen konstruierte. Ausnahmen 
werden immer Vorkommen, besonders wenn es sich um sogenannte angewandte Karten 
handelt, deren Zweck weniger die Darstellung des physischen Erdbildes als die wirt 
schaftlicher, überhaupt anthropogeographischer Erscheinungen ist. Dazu gehört bei 
spielsweise die kreisförmig geschlossene, die ganze Erde umfassende und einzig und 
allein hinsichtlich eines ganz besondern Zweckes konstruierte und zu bewertende 
Isochronen karte der Erde mit dem Mittelpunkt Berlin, die 1909 zum ersten Male von 
mir entworfen wurde. 3 
69. Das Oval lind andere Umrißformen der Erdkarten. Nehmen wir ein Karten 
blatt zur Hand, ist es uns etwas Selbstverständliches, daß es Rechteckform besitzt; 
unwillkürlich übertragen wir bei einer Karte diese Form auf das eigentliche Karten 
bild, das uns eben am meisten behagt, wenn es die Form des Blattes wiederholt. Bei 
nahe ist man versucht, hier kartographische Imponderabilien vorauszusetzen. Bei 
tieferm Nachdenken kommt man der Lösung schon auf die Spur, die sich auf psycho 
logische Gesetze gründet. Ihnen kam Haack bewußt oder unbewußt nach, als er 
aus dem Grintenschen Kreisnetz das Rechteck herausschnitt. Neben der Kreisform, 
die uns auf den ältesten Karten (Babylon), besonders auf den mittelalterlichen Welt 
karten, den Radkarten, entgegentritt, aber seit Wiederauferstehung des Ptolemäus 
für die Darstellung der gesamten Erde vollständig verschwunden ist — auch neuere 
Projektionstheoretiker haben ihr kein neues Leben einzuhauchen vermocht —, hat 
sich seit der Renaissance die Ovalform als die beliebteste Erdumrißform eingestellt. 
Das Oval kann man sich gleichsam aus einem Rechteck entstanden denken, 
dessen Ecken abgerundet worden und dessen Dimensionen in den Mittelachsen noch 
geblieben sind, Mittelmeridian zu Äquator wie 1:2. M. Fiorini hat der ovalen Erd 
umrißform eine besondere Untersuchung gewidmet und führt sie auf italienischen 
Ursprung zurück 4 , wobei betont wird, daß derjenige unbekannt ist, der die ovale Dar- 
1 Über Kreisnetze vgl. auch A. M. Nell: Vorschlag zu einer neuen Chartenprojektion. Heidel 
berg 1882. — E. Debes: Nells modifizierte Globularprojektion. Mit. d. Ver. f. Erdkde. zu Leipzig 
1882. Leipzig 1883, S. 19ff. — Nicolosi gab 1660 zu Rom eine Reihe von Karten heraus, und zwar 
in einer Projektion, die gleichfalls zu den Kreisnetzen gehört. Man nennt sie die „Projektion von 
Nicolosi“ oder „Globularprojektion“ oder auch „englische Projektion“. 
2 Vgl. Herrn. Berghaus: Über H. James’ und J. Babinets Entwurfskarten für die Plani- 
globen. P. M. 1858, S. 63. 
3 In P. M. 1909, Taf. 25. — Zum zweiten Male entworfen in meinem Wirtschaftsatlas der 
Deutschen Kolonien. Berlin 1912, S. 2, 3. 
4 M. Fiorini: Sopra tre speciali projezioni meridiane e i mappamondi ovale del secolo XVI. 
Mem. soc. geogr. Ital. V. 1895. T. Ia, S. 165.
	        
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